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Unfälle am Arbeitsplatz «Früher gab es mehr abgeschnittene Finger»

In der Schweiz gibt es immer weniger Berufsunfälle. Ein Grund: gefährliche Arbeiten werden zunehmend von Maschinen übernommen.

SRF News: Die Zahl der Unfälle am Arbeitsplatz ist rückläufig. Immer mehr gefährliche Arbeiten werden von Maschinen übernommen. Können Sie ein Beispiel nennen?

André Meier, Suva-Leiter Abteilung «Arbeitssicherheit»: Heute ist die Herstellung von Brot in einer Grossbäckerei ein durchgehender Produktionsprozess. Der Teig wird von einer Maschine geschnitten, abgewogen, geformt, in einen Ofen eingeführt und verpackt. Es braucht praktisch keine manuellen Tätigkeiten mehr. Und somit gibt es natürlich auch weniger Möglichkeiten, sich irgendwo zu verletzen.

Also ist das Unfallrisiko dank neuer Maschinen gesunken.

Ja. Die neuen Maschinen sind oft geschlossen, geschützt oder überwacht. Bei Problemen wird die Maschine automatisch gestoppt. Ein manuelles Eingreifen ist nicht mehr möglich. Vor wenigen Jahren hatte man noch diese typischen Unfälle wie abgeschnittene Finger, gequetschte Hände oder sogar eingezogene Arme. Solche Verletzungen gibt es heute durch die Automatisierung und durch die Überwachung praktisch nicht mehr.

Gibt es Branchen, wo die Automatisierung noch nicht so fortgeschritten ist und deshalb mehr Unfälle passieren?

Es gibt dort eine erhöhte Anzahl von Unfällen, wo der Mensch noch viel Handarbeit leisten muss. Früher war beispielsweise das Baugewerbe gefährlicher als heute. Bei den Betondeckenschalungen braucht man heute die Kreissäge nicht mehr. Viele Schalelemente sind heute vorgefertigt. So ist die Verletzungsgefahr massiv gesunken.

In welchem Bereich hat die Suva in den letzten Jahren am meisten erreicht? Wo wurden die Unfälle am meisten reduziert?

Das Präventionspotenzial ist da am höchsten, wo es schwere Unfälle gibt. In der Forstwirtschaft beispielsweise sind heute Vollerntemaschinen im Einsatz. Viele Unfälle, die früher beim Bäume fällen passierten, gibt es heute nicht mehr. Doch die neue Technologie birgt auch neue Risiken. Heute kommt häufiger vor, dass Forstarbeiter von einer Maschine angefahren oder sogar überfahren werden.

Das heisst: Die Automatisierung kann grundsätzlich Unfälle verhindern, aber nur, wenn man auch weiss, wie man richtig damit umgeht.

Ja, die Automatisierung kann Unfälle verhindern. Aber es gibt neue Gefahren, die der Mensch erst noch lernen muss, richtig einzuschätzen.

Das Gespräch führte Melanie Pfändler

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