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Unfall in Solothurn Fussgänger lief auf Gleis, Schuld ist der Lokführer

In Solothurn wurde ein Mann von einer Bahn erfasst. Nun wurde der Lokführer vom Obergericht der fahrlässigen Körperverletzung schuldig gesprochen.

  • Das Solothurner Obergericht hat einen Lokführer der Aare Seeland mobil der fahrlässigen schweren Körperverletzung schuldig gesprochen.
  • Er hatte in Solothurn mit der Bahn einen Mann auf einem Fussgängerstreifen angefahren.
  • Der Lokführer habe den Fussgänger von weitem gesehen, aber ungenügend reagiert, so das Gericht.

Zum Unfall kam es im März 2018 am Fussgängerstreifen oberhalb der Rötibrücke in der Stadt Solothurn. Die Bahn der Aare Seeland mobil (ASM) fährt an dieser Stelle in der Strassenmitte – links und rechts rollt der Strassenverkehr.

Das Unfallopfer wollte mit seiner Frau in die Stadt einkaufen gehen. Zusammen liefen sie über den Fussgängerstreifen. Dabei beachteten sie den Autoverkehr und schauten nach oben. Die Bahn, die von unten über die Brücke fuhr, bemerkten sie jedoch nicht. Als der Mann auf die Geleise trat, wurde er von der Bahn erfasst, obwohl ihn seine Frau noch zurückzuhalten versuchte.

Bahn bei Fussgängerstreifen.
Legende: An der Unfallstelle fährt die ASM in der Strassenmitte. Links und rechts rollt der Strassenverkehr. SRF

Heute ist das Unfallopfer Mitte 50. Der Mann ist wegen der Unfallfolgen zu 100 Prozent arbeitsunfähig und im Alltag auf Hilfe angewiesen.

«Bewusste Fahrlässigkeit»

Das Solothurner Obergericht bestätigte im Grundsatz nun das Urteil der Vorinstanz und den Strafbefehl der Staatsanwaltschaft. Es verurteilte den heute 74-jährigen Lokführer wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung zu einer bedingten Geldstrafe von 115 Tagessätzen zu 100 Franken. Dazu kommen eine Busse und die Gerichtskosten.

Das Gericht sprach von einer «bewussten Fahrlässigkeit» des Lokführers. Dieser habe angenommen, dass die Personen am Fussgängerstreifen seine Bahn doch noch bemerken würden.

Schranken an Bahnübergang.
Legende: Vor rund 20 Jahren ereignete sich an der gleichen Stelle ein tödlicher Unfall. Nach einem weiteren Unfall 2008 mit Schwerverletzten wurden sogenannte Umlaufschranken installiert. SRF

Das Opfer habe zwar die Verkehrsregeln missachtet, indem es beim Betreten der Geleise nur in eine Richtung geschaut habe. Doch auch der Lokführer der «Bipperlisi» genannte Bahn hätte reagieren müssen. Daten des Restwegaufzeichnungsgeräts belegten, dass er die Personengruppe 18 Sekunden lang gesehen haben musste. Trotzdem habe er weder einen Warnpfiff abgegeben noch genügend abgebremst.

Das «Bipperlisi»

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Bahn fährt über Land.
Legende: Ausserhalb der Städte gilt das Bipperlisi als Eisenbahn – wie hier bei Attiswil. ZVG/Aare Seeland mobil

Die Solothurn-Niederbipp-Bahn wurde 1918 eröffnet, als meterspurige Bahnlinie. 1999 fusionierten mehrere Bahngesellschaften zur heutigen Betreiberin, die «Aare Seeland mobil» (ASM).

Die ASM betreibt Bahnstrecken in den Regionen Oberaargau/Solothurn und Biel/Ins. Zum Unternehmen gehören auch Buslinien und die Standseilbahn von Ligerz nach Prêles.

Liebevoller Übername

In der Region wird die Bahn nur «Bipperlisi» genannt. Auch die Polizei verwendet den Namen in ihren Mitteilungen.

Wie lange die Bahn den liebevollen Übernamen trägt, ist nicht überliefert. Die Herkunft ist aber klar: Das Bähnchen fährt von Solothurn ins Bipperamt, nach Niederbipp.

Vor allem in der Vergangenheit kam es immer wieder zu Unfällen mit dem Bipperlisi. Meistens stiessen Autos mit der Bahn zusammen.

Das Gericht stellte fest, dass das Bipperlisi auf dem Unfall-Abschnitt als Strassenbahn (Tram) definiert ist und nicht als Eisenbahn. Damit gilt das Strassenverkehrs- und nicht das Eisenbahngesetz. Für Trams gelten strengere Vorschriften. Noch mehr als auf «Eisenbahn-Abschnitten» muss der Lokführer besonders aufmerksam sein.

Unfallopfer ist mitschuldig

Im Gegensatz zum Amtsgericht Solothurn-Lebern schreibt das Obergericht dem verurteilten Lokführer nicht die gesamte Haftung zu. Das Opfer trage eine Mitschuld, weil es den Vortritt der Bahn missachtet habe. Der Lokführer haftet demnach zu zwei Dritteln.

Die sogenannte Haftungsquote hat hier Einfluss darauf, wer für finanzielle Schäden aufkommen muss. Im vorliegenden Fall haftet somit nicht der Lokführer alleine, respektive die Versicherung seines Arbeitgebers ASM. Schadenersatz oder Genugtuung wurden vom Obergericht allerdings nicht explizit angesprochen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann noch vor Bundesgericht gezogen werden.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 28.2.2024, 17:30 Uhr ; 

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