- Was ist beim Autofahren erlaubt? Essen, Rauchen, Nase putzen: Ja – SMS schreiben während der Fahrt: Nein.
- Aber: Man darf sein Handy kurz in der Hand halten, um es per Gesichtserkennung zu entsperren.
- Das sagt jetzt das höchste Schweizer Gericht in seinem Urteil zu einem Solothurner Fall.
- Die Beschwerde einer Autofahrerin wurde dabei gutgeheissen.
Eine Autofahrerin ging wegen einer Busse bis vor Bundesgericht und hat jetzt dort Recht bekommen. Die Frau war 2020 an einem Sommerabend in Egerkingen (SO) unterwegs. Sie fuhr mit 50 Kilometern pro Stunde und schaute für ein bis zwei Sekunden auf ihr Mobiltelefon.
Das sei strafbar, fanden die Solothurner Staatsanwaltschaft, das Amtsgericht und später das Solothurner Obergericht. Das sei eine «Vornahme einer Verrichtung, welche die Bedienung des Fahrzeugs erschwert», fanden sie. Die Frau wurde gebüsst.
SMS: Nein – kurzer Blick aufs Handy: Ja
Das höchste Gericht sieht den Fall aber anders und kippt die vorhergehenden Gerichtsurteile. Das Bundesgericht habe schon mehrere ähnliche Fälle beurteilt. Es sei folglich erlaubt, die Benzinanzeige während der Fahrt kurz zu überprüfen, das Navigationsgerät kurz zu sichten oder einhändig zu fahren, um eine Zigarette zu rauchen oder einen Apfel zu essen.
Telefonieren hingegen sei nicht erlaubt, ausser mit Freisprechanlage. SMS schreiben während der Fahrt ist ebenfalls verboten. Auch für sieben Sekunden während der Autofahrt eine Karte studieren, die vor einem liegt, geht nicht.
Aber: Das Handy per Gesichtserkennung zu entsperren, sei erlaubt, hält das Bundesgericht fest. Wenn der Vorgang nur zwei Sekunden dauere, eine Hand immer am Steuerrad sei und die Strasse weiterhin im Blick behalten wird, sei das möglich.
Wie das Überprüfen des Rückspiegels
Im konkreten Fall in Egerkingen sei die Autofahrerin bei gutem Wetter unterwegs und nicht stark abgelenkt gewesen, erklärt das Bundesgericht. Die Strassenverhältnisse seien trocken gewesen und es habe ein mittleres Verkehrsaufkommen geherrscht. In dieser Situation seien keine Umstände erkennbar, die ein erhöhtes Mass an Aufmerksamkeit erfordert hätten. Einen gezielten Blick von ein bis zwei Sekunden brauche es ja auch, wenn man kurz in den Rückspiegel schaue.
Ganz kurz während der Fahrt das Handy per Gesichtserkennung entsperren ist also erlaubt. Die Beschwerde der Autofahrerin wurde vom Bundesgericht gutgeheissen. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückgewiesen. Der Kanton Solothurn muss der Frau dreitausend Franken für das Verfahren vor Bundesgericht zahlen.