Zum Inhalt springen

Universitätsspital Zürich Ex-Bundesrichter soll Todesfälle in Herzklinik durchleuchten

Mit Niklaus Oberholzer übernimmt einer der bekanntesten Juristen der Schweiz die Leitung der Untersuchungskommission.

  • Eine unabhängige Kommission soll die Vorfälle in der Herzchirurgie des Universitätsspitals Zürich zwischen 2016 und 2020 untersuchen.
  • Der frühere Bundesrichter Niklaus Oberholzer übernimmt die Leitung der Kommission.
  • Hintergrund sind Vorwürfe, wonach 150 bis 200 Personen gestorben sind.

Der ehemalige Bundesrichter wird die ungewöhnlich hohe Anzahl von Todesfällen in der Herzklinik des Universitätsspitals Zürich zwischen 2016 und 2020 untersuchen.

Bereits im Mai hat das Spital angekündigt, dass es zu diesem Zweck eine Taskforce einsetzen werde. Hintergrund sind Vorwürfe, wonach in diesem Zeitraum 150 bis 200 Personen gestorben sind, die hätten überleben können.

Die Spitalleitung betonte, es wolle die Vorfälle in der Herzchirurgie «lückenlos aufklären lassen», um das Vertrauen der Patientinnen und Patienten und der Öffentlichkeit wiederherzustellen.

Untersuchung geht weiter als ursprünglich angekündigt

Der Verwaltungsratspräsident André Zemp erklärte, dass die Kommission weitere Fälle untersuchen müsse. Es handelt sich um Fälle, bei denen es zu Komplikationen gekommen ist. Im Fokus steht dabei der Einsatz von Implantaten, die der ehemalige Chef der Herzklinik, Francesco Maisano, mitentwickelt hat.

Niklaus Oberholzer bringt eine sehr grosse juristische Erfahrung mit.
Autor: André Zemp Präsident des Spitalrates, Universitätsspital Zürich

Die Untersuchungskommission sei in ihrem Vorgehen frei, sagte Zemp: «Sie kann den Auftrag sowohl in Bezug auf den Untersuchungszeitraum als auch in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand erweitern». Dies unter der Voraussetzung, dass sie entsprechende Hinweise erhalte.

André Zemp spricht an der Medienkonferenz.
Legende: André Zemp ist seit drei Jahren Präsident des Spitalrates des Universitätsspitals Zürich. Keystone/Gaetan Bally

Der Spitalrat hat Niklaus Oberholzer mit dem Mandat betraut. «Er bringt eine sehr grosse juristische Erfahrung mit», sagte Zemp. Von 2013 bis 2019 war er am Bundesgericht in Lausanne tätig. Danach arbeitete er in verschiedenen Untersuchungskommissionen mit, etwa als es um die Credit Suisse oder die Sicherheit der Bundesasylzentren ging.

Oberholzer stellt sein Team selbst zusammen

Niklaus Oberholzer wird die Untersuchungskommission selbst zusammenstellen. Er hat angekündigt, dass er zwei weitere Personen suchen wolle.

Die Mitglieder der Kommission dürfen keinerlei Beziehungen zum Universitätsspital Zürich haben.
Autor: Niklaus Oberholzer Leiter Untersuchungskommission und Ex-Bundesrichter

Eine Person soll sich im medizinischen Bereich besonders gut auskennen, die andere soll besondere Kenntnisse in Bezug auf die Spitalorganisation mitbringen. «Klar ist, dass diese Personen keinerlei Beziehungen zum Universitätsspital Zürich haben dürfen», sagte Oberholzer weiter.

Universitätsspital Zürich
Legende: Die Kritik um das Universitätsspital Zürich reisst in der letzten Zeit nicht ab. Keystone/Ennio Leanza

Vor den Medien betonte Oberholzer, er sei sich der grossen Herausforderung bewusst. Er sei jedoch überzeugt, dass eine umfassende Untersuchung am Universitätsspital notwendig sei: «Es steht sehr viel auf dem Spiel.» Er werde alles dafür tun, um neue Erkenntnisse zu gewinnen und Klarheit zu verschaffen. Hilfreich sei, dass der Auftrag sehr offen formuliert sei.

Kritiker weiterhin unzufrieden

André Plass, ein Arzt, der bereits vor vier Jahren auf die Missstände in der Zürcher Herzchirurgie aufmerksam gemacht hat, ist mit der Ankündigung seiner ehemaligen Arbeitgeberin nicht ganz zufrieden. Er findet es problematisch, dass das Unispital die Kommission einsetzt und ihre Arbeit bezahlt, wie er gegenüber dem Regionaljournal erklärt.

Plass sagt: «Es müsste eigentlich von kantonaler Seite ein übergeordnetes Mandat erfolgen, das wiederum die Taskforce nominiert.» Dann wäre die Untersuchung komplett abgekoppelt vom Universitätsspital.

Die Untersuchungen sollen rund ein Jahr dauern und mit einem Bericht abgeschlossen werden.

SRF 4 News, 22.8.2024, 11:00 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel