Kreuzkröten quaken in Wassertümpeln, ein Biber nagt an einem Baumstamm, darüber kreist majestätisch ein Fischadler: So stellt man sich unberührte Natur an einem Flussufer vor. Im Kanton Aargau gibt es rund 1600 Hektaren solchen Auengebiets, ein Prozent der Kantonsfläche steht unter Schutz. Doch unberührte Natur ist das nicht.
Augenfällig wird das aktuell in Mellikon am Rhein: Hier stehen mehrere Bagger am Fluss, Lastwagen fahren hin und her, ein Presslufthammer lärmt, ein alter Beton-Bunker wird weggespitzt. Das künftige Naturschutzgebiet sieht eher aus wie eine Autobahn-Baustelle. Hier in der Nähe von Bad Zurzach entsteht das letzte Auenschutzgebiet im Kanton Aargau. Es wird Natur gebaut.
«Ja, Natur muss man heute rekonstruieren», bestätigt Bruno Schelbert, Projektleiter beim Aargauer Umweltdepartement. «Entscheidend ist aber, was am Schluss herauskommt: Hier wird ja kein Beton verbaut, hier wird nur Beton entfernt. Am Schluss haben wir eine Aue, mit neuen Wasserläufen.» 600 Meter naturnahe Fluss-Aue entstehen am Rhein, für knapp drei Millionen Franken.
Immer im Herbst kommen die Maschinen
In zwei Jahren ist die Aue fertig, dann sollen sich hier Amphibien, Insekten und andere Tiere ansiedeln und wohlfühlen. Allerdings: Auch dann wird die Natur nie sich selbst überlassen. Es ist ständig Unterhalt notwendig, erklärt Schelbert. «Von Natur aus wären die Flusslandschaften natürlich nicht unterhaltsbedürftig. Aber wegen der Infrastrukturen, die wir Menschen in die Flusstäler gestellt haben, müssen wir nun dafür sorgen, dass der Fluss genügend Platz und freien Lauf hat.»
Die Flüsse sind durch menschliche Bauten eingeengt und überschwemmen die Auenlandschaften zu wenig oft. «Über kurz oder lang werden Weiher und Wassertümpel somit trocken. Dann kommt zuerst Schilf, anschliessend kommen Büsche, schliesslich Wald. Wald haben wir aber genug, offene Wasserflächen sind Mangelware.»
Früher habe der Fluss diese «Arbeit» gemacht. Ständige Überschwemmungen verhinderten die Verlandung der Auen. Heute kämpfen also Maschinen dagegen, erklärt der Leiter des Aargauer Auenschutzparks, immer im Herbst ist «Unterhaltssaison». Zuerst werden die Naturwiesen gemäht, anschliessend pumpen Saugbagger Sedimente aus den Weihern ab, damit diese nicht verlanden.
Eine halbe Million Franken investiert der Kanton Aargau jährlich in diese Unterhaltsarbeiten. «Wir schützen die störungsanfällige Auen quasi vor dem menschlichen Einfluss», sagt Bruno Schelbert. Es ist paradox: Die Natur braucht also Mensch und Maschine, um Natur bleiben zu können.