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Jedes Jahr fahren in den Naturschutzgebieten die Bagger auf
Aus Echo der Zeit vom 29.10.2021. Bild: SRF/Alex Moser
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Unterhalt von Fluss-Auen Diese Baustelle ist ein Naturschutzgebiet

Auen gelten als Naturparadiese. Damit sich Amphibien und Vögel wohlfühlen, muss der Mensch aber ständig eingreifen.

Kreuzkröten quaken in Wassertümpeln, ein Biber nagt an einem Baumstamm, darüber kreist majestätisch ein Fischadler: So stellt man sich unberührte Natur an einem Flussufer vor. Im Kanton Aargau gibt es rund 1600 Hektaren solchen Auengebiets, ein Prozent der Kantonsfläche steht unter Schutz. Doch unberührte Natur ist das nicht.

Auenschutz ist Artenschutz

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Legende: Das Auengebiet am Rhein bei Rietheim wurde 2015 fertiggestellt. SRF/Alex Moser

Ursprünglich breiteten sich in den Talebenen von Aare, Reuss, Limmat und Rhein grosse Auengebiete aus. Die Flüsse mäandrierten frei und der Wechsel der Wassermenge je nach Witterung und Jahreszeit gestaltete die Landschaft immer wieder um. Eingriffe der Zivilisation haben diese Dynamik vielerorts unterbunden.

Die Aargauer Bevölkerung hat 1993 in einer Volksabstimmung den Auenschutzpark ins Leben gerufen. Ein Prozent der Kantonsfläche sollen geschützt werden, aktuell umfasst das Gebiet rund 1600 Hektaren.

In den schweizerischen Auen sind rund 40 Prozent der in der Schweiz vorkommenden Pflanzenarten vertreten, auf nur rund 0.3 Prozent der Landesfläche

Gemäss einer Studie können 84 Prozent der Schweizer Tierarten in Auen vorkommen und jede achte Tierart ist auf Auenlebensräume zwingend angewiesen. So ist der Auenschutzpark Aargau gemäss Angaben des Umweltdepartements «ein Hotspot des Artenschutzes». Über die Hälfte seiner Fläche ist im Verzeichnis der Naturschutzgebiete von nationaler Bedeutung eingetragen.

Augenfällig wird das aktuell in Mellikon am Rhein: Hier stehen mehrere Bagger am Fluss, Lastwagen fahren hin und her, ein Presslufthammer lärmt, ein alter Beton-Bunker wird weggespitzt. Das künftige Naturschutzgebiet sieht eher aus wie eine Autobahn-Baustelle. Hier in der Nähe von Bad Zurzach entsteht das letzte Auenschutzgebiet im Kanton Aargau. Es wird Natur gebaut.

Lastwagen auf einer Dreckpiste, daneben riesige Baggerschaufel
Legende: Bei Mellikon entsteht das letzte Teilstück des Aargauer Auenschutzparks. SRF/Alex Moser

«Ja, Natur muss man heute rekonstruieren», bestätigt Bruno Schelbert, Projektleiter beim Aargauer Umweltdepartement. «Entscheidend ist aber, was am Schluss herauskommt: Hier wird ja kein Beton verbaut, hier wird nur Beton entfernt. Am Schluss haben wir eine Aue, mit neuen Wasserläufen.» 600 Meter naturnahe Fluss-Aue entstehen am Rhein, für knapp drei Millionen Franken.

Immer im Herbst kommen die Maschinen

In zwei Jahren ist die Aue fertig, dann sollen sich hier Amphibien, Insekten und andere Tiere ansiedeln und wohlfühlen. Allerdings: Auch dann wird die Natur nie sich selbst überlassen. Es ist ständig Unterhalt notwendig, erklärt Schelbert. «Von Natur aus wären die Flusslandschaften natürlich nicht unterhaltsbedürftig. Aber wegen der Infrastrukturen, die wir Menschen in die Flusstäler gestellt haben, müssen wir nun dafür sorgen, dass der Fluss genügend Platz und freien Lauf hat.»

Bagger
Legende: Natur mit grossen Maschinen unterhalten? Im Aargau gewollt, zum Wohle der Natur. Im Bild sieht man einen Saugbagger im Naturschutzgebiet. zvg/Oekovision GmbH

Die Flüsse sind durch menschliche Bauten eingeengt und überschwemmen die Auenlandschaften zu wenig oft. «Über kurz oder lang werden Weiher und Wassertümpel somit trocken. Dann kommt zuerst Schilf, anschliessend kommen Büsche, schliesslich Wald. Wald haben wir aber genug, offene Wasserflächen sind Mangelware.»

Früher habe der Fluss diese «Arbeit» gemacht. Ständige Überschwemmungen verhinderten die Verlandung der Auen. Heute kämpfen also Maschinen dagegen, erklärt der Leiter des Aargauer Auenschutzparks, immer im Herbst ist «Unterhaltssaison». Zuerst werden die Naturwiesen gemäht, anschliessend pumpen Saugbagger Sedimente aus den Weihern ab, damit diese nicht verlanden.

Feld
Legende: Fertig Schilf, sondern flache Ebene: Das Naturschutzgebiet zwischen Boniswil und Seengen sieht nach dem herbstlichen Mähen mit grossen Maschinen eher karg aus. Das Schilf wächst aber wieder nach. SRF

Eine halbe Million Franken investiert der Kanton Aargau jährlich in diese Unterhaltsarbeiten. «Wir schützen die störungsanfällige Auen quasi vor dem menschlichen Einfluss», sagt Bruno Schelbert. Es ist paradox: Die Natur braucht also Mensch und Maschine, um Natur bleiben zu können.

Echo der Zeit, 29.10.2021, 18:00 Uhr ; 

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