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Unternehmenssteuer-Reform III Ist die USR III tatsächlich aus der Balance geraten?

Ex-Bundesrätin Widmer-Schlumpf kritisiert die Unternehmenssteuerreform III. Gegner begrüssen den unerwarteten Support.

Die ehemalige Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf sorgte heute im «Blick» für fette Schlagzeilen. Sie hatte damals die Steuerreform angestossen, kritisiert jetzt aber das Reformvorhaben, über das in drei Wochen abgestimmt wird.

Das sagt die ehemalige Finanzministerin: Es brauche unbedingt eine Unternehmenssteuerreform, davon zeigt sich Widmer-Schlumpf nach wie vor überzeugt.

Das Parlament ist nun einfach sehr weit gegangen mit zusätzlichen Entlastungen für gewisse Firmen.
Autor: Eveline Widmer-Schlumpf

Die finanziellen Ausfälle seien in der nun vorliegenden Reform höher als bei der Vorlage, die sie ursprünglich ausgearbeitet habe.

Prisca Birrer Heimo.
Legende: Nationalrätin Prisca Birrer Heimo (SP/LU). SRF

Gegner der Abstimmungsvorlage begrüssen den unerwarteten Support von prominenter Seite. Für die Luzerner SP-Nationalrätin Prisca Birrer Heimo ist die ehemalige Bundesrätin eine profunde Kennerin der Vorlage und wisse auch genau, wie zerbrechlich dieses finanzpolitische Gleichgewicht sei. Aber Widmer-Schlumpf bestätige damit, was die SP immer schon gesagt habe:

Dass übermässig kompensiert worden ist und damit das Fuder überladen wurde. Es ist so – das Parlament hat ganz klar übermarcht.
Autor: Prisca Birrer Heimo, SP/LU
Beat Walti.
Legende: Nationalrat Beat Walti (FDP/ZH). SRF

Befürworter vom Pro Komitee sind vorsichtig: Der Zürcher FDP-Nationalrat Beat Walti hält es für unklug, die ganze Vorlage noch einmal aufzumischen; das könnte zu viel Zeit kosten.

Widmer-Schlumpf schätze offensichtlich die Gegebenheiten völlig anders ein, als sie sich aus dem Gesetzgebungsprozess präsentierten, meint Walti:

Bei einem allfälligen Nein mit wenigen Anpassungen eine neue Vorlage zu erstellen, halte ich für völlig unrealistisch.
Autor: Beat Walti, FDP/ZH
Kurt Schmidheiny.
Legende: Wirtschaftsprofessor Kurt Schmidheiny, Universität Basel. SRF

Wo ergeben sich in der USR III die Steuerausfälle? Wirtschaftsprofessor Kurt Schmidheiny von der Universität Basel kann gut nachvollziehen, warum Widmer-Schlumpf im Interview die fehlende Gegenfinanzierung der Reform kritisiert.

Die USR III führe zwangsläufig zu Steuerausfällen bei Bund, Kantonen und Gemeinden. Der ursprüngliche Vorschlag des Bundesrates wollte diese Steuerausfälle kompensieren. Wenn man das nicht mache, gebe es nur zwei Möglichkeiten:

Entweder wird beim Staat abgebaut und man spart bei Schulen, Gesundheit und Sicherheit. Oder man erhöht z.B. die Einkommenssteuer.
Autor: Kurt Schmidheiny

Das Problem mit der Berechnung der Steuerausfälle: Als Finanzministerin hatte sich Widmer-Schlumpf damals für eine ausgewogene Unternehmenssteuerreform mit einer Gegenfinanzierung eingesetzt, die den Mittelstand nicht mit Steuern belastet: «Die Berechnung ist extrem schwierig. Aber mit den Zusatzelementen, die der Nationalrat eingefügt hat, gibt es womöglich Mindereinnahmen, die man heute noch gar nicht sieht», sagte sie im Interview mit dem «Blick».

Steuerausfälle bei Kantonen und Gemeinden: Ein Grund für diese schwierige Berechnung ist laut Wirtschaftsprofessor Schmidheiny, dass die wichtigen Steuerausfälle auch bei Kantonen und Gemeinden entstehen und nicht beim Bund, wo die Vorlage als Bundesgesetz angesiedelt ist. «Es hängt jetzt davon ab, wie die Kantone reagieren, das heisst auf welchem Niveau sie die Gewinnsteuern festsetzen, was man im Voraus natürlich nicht weiss.»

Viele Kantone haben schon Massnahmen angekündigt: Laut Schmidheiny planen die Kantone Waadt, Genf und Basel-Stadt starke Steuersenkungen, Zürich etwas weniger grosse. Es sehe also so aus, dass die Steuersenkungen in den Kantonen sehr gross werden und das führe entsprechend zu grossen Steuerausfällen, so Schmidheiny.

Keine Abstimmungsempfehlung: Widmer-Schlumpf hat sich im Interview kritisch geäussert, will das aber nicht als Abstimmungsempfehlung verstanden haben. Aber heute kann niemand genau beziffern, wie sich die Unternehmenssteuerreform III tatsächlich auswirken wird.

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