Das Wichtigste in Kürze
- Waadt führte 2016 eine kantonale Unternehmenssteuerreform erfolgreich ein.
- Für ein erfolgreiches Paket braucht es mindestens e ine konkrete Massnahme für den Mittelstand , sagt Sozialvorstehers Pierre-Yves Maillard (SP).
- Die Kaufkraft der Firmen wie der Familien muss erhalten bleiben , sagt Finanzminister Pascal Broulis (FDP).
- Trotz des vorbildlichen Modells Waadt lässt es sich nicht so einfach auf andere Kantone oder den Bund übernehmen , meint SRF-Bundeshausredaktor Christoph Nufer.
- Die meisten Kantone warten jetzt auf eine neue Vorlage des Bundes .
Am 20. März 2016 sagten im Kanton Waadt 87 Prozent der Stimmbürger Ja zu einer neuen kantonalen Unternehmenssteuerreform. Ganz im Gegenteil zur Unternehmenssteuerreform des Bundes, die am Sonntag versenkt worden ist. Was haben die Waadtländer Politiker damals besser gemacht als die Bundespolitiker in Bern?
Auch im Kanton Waadt hatte die Steuerreform zum Ziel, Steuerprivilegien von Unternehmen zu beseitigen. Statt eines tieferen Steuersatzes von 10 Prozent für privilegierte Unternehmen und eines höheren Satzes von 21,7 Prozent für alle anderen Unternehmen, wurde im Kanton Waadt ein einheitlicher Gewinnsteuersatz von 13,8 Prozent festgelegt.
Ausgleich und für alle etwas
Damit bezahlen die wenigen steuerlich privilegierten Unternehmen etwas mehr, die grosse Mehrheit der Unternehmen aber deutlich weniger Steuern. Jedoch bezahlen alle Unternehmen und der Kanton mehr Sozialleistungen an Familien. Etwa höhere Kinderzulagen und höhere Krankenkassenprämien-Verbilligungen.
Aus Sicht des Sozialvorstehers Pierre-Yves Maillard (SP) hat diese Kombination die Unternehmenssteuerreform im Kanton Waadt zum Erfolg geführt. Seiner Meinung nach könnte es so auch auf Bundesebene klappen.
«Es braucht in einem solchen Paket mindestens eine konkrete Massnahme für den Mittelstand. Weitere Massnahmen können bei den Kantonen beschlossen werden. Das gäbe eine mögliche Lösung ohne viel Arbeit.»
Kaufkraft von Unternehmen und Familien erhalten
Die Waadtländer Steuerreform von 2016 ist ein klassischer Kompromiss, an dem auch Finanzminister Pascal Broulis (FDP) mitgewirkt hat.
«Wir haben zuerst im Staatsrat und im Parlament verhandelt. Wir haben uns so abgestimmt, dass einerseits die Kaufkraft der Firmen durch eine Steuersenkung gestärkt wird – und andererseits die Kaufkraft vor allem der Familien. So ist es uns gelungen, ein Gleichgewicht zu finden. Solche Lösungen braucht‘s nun auf Bundesebene.»
Mit Steuersenkungen für Firmen, mehr Sozialleistungen für Familien und mit politischer Kompromissbereitschaft hat man sich damals die Unterstützung der Bevölkerung gesichert.
Modell Waadt nicht für alle Kantone kompatibel
SRF-Bundeshausredaktor Christoph Nufer sieht das Modell Waadt zwar als vorbildlich an, weil es gleichzeitig die Interessen der Wirtschaft und der Bevölkerung berücksichtigt hat. Aber es lässt sich doch nicht so einfach auf andere Kantone oder gar auf den Bund übertragen:
«Erstens haben nur wenige andere Kantone, etwa Basel-Stadt, so hohe Firmensteuereinnahmen um solch hohe soziale Ausgaben wie in der Waadt finanzieren zu können. Und zweitens, eine neue Vorlage des Bundes für eine Unternehmenssteuerreform würde noch komplexer und noch angreifbarer, wenn plötzlich der Bund auch Kinderkrippen oder Kinderzulagen finanzieren müsste.»