- Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat den Untersuchungsbericht über Vorwürfe von exzessiver Gewalt in Bundesasylzentren vorgelegt.
- Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Rechte von Asylsuchenden systematisch missachtet werden, schreibt das SEM . Der Vorwurf der Folter sei unberechtigt und falsch.
- In einzelnen Fällen hätten die Sicherheitsdienste jedoch unverhältnismässigen Zwang angewendet.
Im Frühling 2021 erhoben Medien und Nichtregierungsorganisationen den Vorwurf, in den Bundesasylzentren werde exzessiver und nicht gerechtfertigter Zwang gegen Asylsuchende ausgeübt.
Aufgrund der Recherchen von «Rundschau», RTS und WoZ untersuchte alt Bundesrichter Niklaus Oberholzer diesen Vorwurf im Auftrag des SEM. Sieben Vorfälle untersuchte Oberholzer konkret, in denen angeblich unverhältnismässiger Zwang gegen Asylsuchende ausgeübt wurde.
Grund- und Menschenrechte eingehalten
Die Grund- und Menschenrechte würden grundsätzlich eingehalten, zudem gebe es keine Hinweise auf eine generelle Voreingenommenheit der Mitarbeitenden der Sicherheitsdienste, bilanziert der Untersuchungsbericht . Allerdings sei in sechs von sieben untersuchten Vorfällen eine Strafuntersuchung eingeleitet worden. In drei der sieben Fälle hätten Mitarbeitende der Sicherheitsdienste «unverhältnismässig und eventuell auch rechtswidrig auf eine Konfliktsituation reagiert», heisst es weiter.
«In drei weiteren Fällen war der angewendete Zwang verhältnismässig und gerechtfertigt, weil er auf die erhebliche Gewaltbereitschaft eines einzelnen, meist in hohem Mass alkoholisierten oder unter Drogeneinfluss stehenden Asylsuchenden zurückzuführen war», schreibt Oberholzer im Bericht. In einem Fall bestünden Zweifel, ob die Reaktion auf eine Konfliktsituation adäquat war. Die Vorfälle würden verdeutlichen, mit welch schwierigen Situationen Mitarbeitende des Sicherheits- und Betreuungsdienstes konfrontiert sein können.
Asylgesetz hat negative Auswirkungen
Das SEM führt das erhöhte Konfliktpotenzial in den Bundesasylzentren in seiner Mitteilung auf das im März 2019 eingeführte neue Asylgesetz zurück. Infolgedessen wurden die Beherbergungsstrukturen grösser, die Zahl der involvierten Akteure erhöhte sich, und die Aufenthaltsdauer der Asylsuchenden in den Asylzentren des Bundes wurde länger.
«Das SEM hat deshalb bereits eine Reihe von Massnahmen umgesetzt, um die Zahl der Eskalationen in den Bundesasylzentren so weit als möglich zu reduzieren», heisst es weiter. Neben einem Gewaltpräventionskonzept wurden unter anderem zusätzliche Konfliktpräventions-Betreuende und die Schaffung einer unabhängigen Beschwerdestelle eingeleitet.
Oberholzer macht in seinem Bericht eine Reihe von Empfehlungen für weitere Verbesserungen im Sicherheitsbereich. So empfiehlt er dem SEM unter anderem, die Ausbildung des Sicherheitspersonals zu überprüfen und zu verbessern sowie Schlüsselpositionen mit polizeilich ausgebildeten, eigenen Mitarbeitenden zu besetzen. Das SEM will die noch nicht umgesetzten Empfehlungen prüfen und nach Möglichkeit umsetzen. Als Sofortmassnahme solle eine Regelung des Einsatzes der Besinnungsräume in die Verordnung über den Betrieb der Bundesasylzentren aufgenommen werden.