Seit einem Jahr wussten die Berner Archäologen, dass am Schnidejoch, einem Gebirgsübergang zwischen den Kantonen Bern und Wallis ein archäologischer Schatz liegt. Witterungsbedingt gelang aber erst letzte Woche die Bergung: Es ist ein geknöpftes Geflecht aus Bast, vermutlich über 6000 Jahre alt.
In dieser langen Zeit war dieser Schatz aus organischem Material im Eis konserviert. Doch nun schmelzen immer mehr Eisfelder am Schnidejoch weg und geben Relikte aus längst vergangener Zeit frei. Es ist denn auch nicht der erste Fund am Schnidejoch.
Eine bekannte Fundstelle
Im Hitzesommer 2003 kam ein Bogenfutteral aus Birkenkork zum Vorschein, 4800 Jahre alt. Später fand man einige Lederobjekte, eine Bronzenadel und römische Schuhnägel aus derselben Zeit. Dies alles zeigte, wie früh das Hochgebirge bereits als Pass genutzt wurde.
Die neusten Funde sind allerdings bedeutend älter: Letztes Jahr bargen die Berner Archäologen bereits ein grosses, zusammenhängendes Geflecht aus Bast, vermutlich eine Art Tasche. Datiert auf 4300 vor Christus, also über 6000 Jahre alt. Die Spezialistin des Archäologischen Dienstes hat das Objekt im Labor schon fast fertig konserviert.
«Ich musste es zuerst von Dreck und Steinen befreien, reinigen, nun wird es dann aufwändig getrocknet», sagt Konservatorin Johanna Klügl. Eine sehr schwierige Arbeit, denn bei einem solch einzigartigen Objekt darf nichts schiefgehen – es gibt weltweit nur eine Handvoll solcher Fundstücke aus dieser Zeit.
Ob der neuste Fund vom Schnidejoch mit dem anderen Geflecht zusammenhängt, können die Archäologen noch nicht sagen. Sicher ist aber, er stammt aus derselben Zeit und von demselben Ort. Und: es ist ebenso ein Sensationsfund. Regine Stapfer, Leiterin Ressort Prähistorische Archäologie und stellvertretende Kantonsarchäologin: «Alle Funde vom Schnidejoch sind Highlights, weltweite Einzelstücke. Besonders organisches Material aus dieser Zeit zu finden, ist höchst selten!»
Schwierige Bergung
Doch erst einmal musste der neuste Fund geborgen werden und dies gestaltete sich noch schwieriger als gedacht. Denn das uralte Bastgeflecht ist höchst fragil: wird es bewegt, bricht es sofort auseinander. Deshalb werden solche Objekte in der Regel im Block geborgen, das heisst, samt dem ganzen Untergrund.
Doch auf dem Schnidejoch sind lose Steine der Untergrund. So mussten die Archäologen verschiedene Varianten für die Blockbergung ausprobieren. Und am Ende war die einzige Lösung, den ganzen Block mit Bauschaum zu fixieren, ihn so anzuheben und umzudrehen. Dabei fielen Steine aus dem Block. «Das ist sicher nicht ideal gelaufen.», so Konservatorin Johanna Klügl. Ob das Objekt zu Schaden kam, ist noch unklar, das werden erst die Untersuchungen im Labor zeigen.
«Dass es hier oben besonders schwierig wird, das haben wir gewusst», sagt Projektleiterin Regula Gubler dazu. Doch sie sei zuversichtlich, dass das Objekt noch gut erhalten sei. «Und jetzt sind wir erst einmal froh, dass wir den Fund geborgen haben und unter besten Bedingungen im Labor untersuchen können.»