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Uri sagt Ja zu Initiative «Ein Frontalangriff auf den Artenschutz»

Im Kanton Uri wurde mit der Volksinitiative «Zur Regulierung von Grossraubtieren» die Befindlichkeit der Bergbevölkerung in Bezug auf Wildtiere gemessen. Durch die unbestrittene Annahme der Initiative mit gut 70 Prozent erhält der Kanton die Kompetenz, Vorschriften zum Schutz vor Grossraubtieren und zur Bestandesregulierung zu erlassen. Für den Bären und den Wolf wird sich in der Praxis zwar nichts ändern. Doch wirft das Resultat seine Schatten voraus: Die Revision des nationalen Jagdgesetzes liegt beim Nationalrat. Sarah Wehrli von Pro Natura befürchtet Schlimmes für den Artenschutz.

Sarah Wehrli

Wilditierbiologin bei Pro Natura

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Wehrli ist bei Pro Natura zuständig für das Dossier Beutegreifer.

SRF News: Wie beurteilen Sie dieses deutliche Ja im Kanton Uri?

Sarah Wehrli: Auch wir beurteilen dieses Ja zur Regulierungskompetenz als Symbol. Es ist eine Unmutsbekundung gegenüber der Tatsache, dass es den Wolf in der Schweiz wieder gibt, und dass von Seiten der Menschen gewisse Anpassungsleistungen erbracht werden müssen.

Der Wolf bleibt eine national geschützte Art.

Die Menschen in Uri sehen Wolf und Luchs offensichtlich als Problem. Haben Sie dafür Verständnis?

Dass die Rückkehr der grossen Beutegreifer eine Anpassung von Seiten der Herdentierhalter bedarf, dafür haben wir ein gewisses Verständnis. Es ist aber klar, dass sich durch dieses Ergebnis faktisch am Umgang mit dem Wolf im Kanton Uri weder etwas ändern noch verbessern wird. Der Wolf bleibt eine national geschützte Art.

Wurden Ihre Argumente nicht gehört?

Ich denke nicht, dass wir uns zu wenig Gehör verschafft haben. Pro Natura informiert seit rund 20 Jahren auf verschiedenen Kanälen und auf verschiedene Weisen zum Wolf und den anderen grossen Beutegreifern. Wer wissen will, wie ein Zusammenleben mit dem Wolf möglich ist, der könnte es heute wissen.

Wölfe sollen künftig abgeschossen werden können, bevor irgendein Schaden entstanden ist.

Aktuell läuft die Revision des eidgenössischen Jagdgesetzes im nationalen Parlament. Der Ständerat hat der Lockerung des Schutzes von Wölfen, Bären, Luchsen und Bibern bereits zugestimmt. Nun ist der Nationalrat dran. Was bedeutet das Resultat aus Uri in dieser Hinsicht?

Im Hinblick auf das laufende Geschäft, das Jagdschutzgesetz (JSG), sehen wir es als einen Wink mit dem Zaunpfahl. Der Schutz beim Wolf soll noch weiter abgebaut werden. Dieser Wink ist überflüssig, denn der bestehende Gesetzesentwurf ist bereits zu einem Abschussgesetz verkommen. Wölfe sollen künftig abgeschossen werden können, bevor irgendein Schaden entstanden ist, eigentlich einfach nur, weil es sie gibt. Und es werden auch andere Arten – beispielsweise der Biber oder der Höckerschwan – ins Visier kommen.

Die Gesetzesrevision ist ein Frontalangriff auf den Artenschutz generell.

Was tun Sie dagegen?

Wenn es keine substanziellen Korrekturen bezüglich Artenschutz gibt, dann bleibt uns als letzte Option nur das Referendum. Bei dieser Revision geht es nicht nur um den Wolf. Sie ist ein Frontalangriff auf den Artenschutz generell. Das JSG sollte seinem Namen nach ein Jagd- und Schutzgesetz sein. Wir sind dagegen, dass auf Vorrat geschützte Arten abgeschossen werden, ohne dass irgendwelche Prävention ergriffen werden muss.

Machen Sie sich Hoffnungen, dass dieses Referendum eine Chance hat?

In einem Referendum würde gesamtschweizerisch über dieses Thema abgestimmt. Der Wolf und die geschützten Arten haben generell einen guten Support. Wir haben 2014 eine gfs-Umfrage zur Akzeptanz des Wolfes machen lassen und da waren deutlich über 60 Prozent der Befragten für die Rückkehr des Wolfes. Auch der Stadt-Land-Graben war viel weniger ausgeprägt, als man annehmen würde.

Das Gespräch führte Christina Scheidegger.

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