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Der Fall William W.
Aus Schweiz aktuell vom 15.11.2021.
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Urteil Obergericht Solothurn Verwahrung für mehrfachen Kinderschänder

Der Wiederholungstäter William W. muss länger ins Gefängnis und wird verwahrt.

  • Der mehrfach verurteilte Kinderschänder William W. wird verwahrt.
  • Dieses Urteil hat das Solothurner Obergericht am Montag bekannt gegeben.
  • Damit verschärft das Obergericht ein Urteil der ersten Instanz. Auch die Gefängnisstrafe wird verlängert.

Der Verurteilte beschäftigt die Behörden seit Jahren, bereits 1999 wurde er im Kanton Aargau zum ersten Mal wegen Schändung von Kindern verurteilt. Beim aktuellen Prozess ging es um Ereignisse aus dem Jahr 2018.

W. soll sich damals an mehreren Kindern vergangen haben. Ein Übergriff soll in einem kirchlichen Gebäude passiert sein, ein weiterer im Restaurant des Verurteilten in Olten.

Die Vorgeschichte im Fall William W.

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Der als William W. bekannte 48-jährige Mann wurde bereits mehrmals rechtskräftig wegen Kindsmissbrauchs verurteilt.

Das erste Urteil in den 1990er-Jahren lautete 18 Monate Gefängnis bedingt. W. hatte im Aargau mehrere Kindern sexuell missbraucht.

2006 missbrauchte W. in Starrkirch-Wil (SO) ein 8-jähriges Mädchen. Dafür musste er 5 Jahre eine Therapie in einer geschlossenen Einrichtung machen. Er verweigerte jedoch die Behandlung. 2016 kam W. frei – trotz grossem Rückfallrisiko. Der Pädophile hatte sich gegen eine Verlängerung der Massnahme gewehrt. Der Kanton Solothurn musste dem Mann mehrere 10'000 Franken Entschädigung bezahlen, weil er laut Bundesgericht zu lange in Haft sass.

In Freiheit verstiess William W. danach wiederholt gegen Bewährungsauflagen (elektronische Fussfessel, Reiseverbot,...). Trotz vieler Verwarnungen konnten die Solothurner Behörden den Mann nicht sanktionieren.

2018 ereigneten sich die Übergriffe, welche nun vor Obergericht verhandelt wurden.

Eine externe Untersuchung kam 2019 zum Schluss, dass die Behörden korrekt gehandelt hatten. Es zeigte sich aber, dass es Lücken gab im Verfahrensrecht im Umgang mit solchen Fällen. Unter anderem deswegen wurde das kantonale Justizvollzugsgesetz angepasst.

37 statt 30 Monate Gefängnis

Das Amtsgericht Olten-Gösgen als erste Instanz hatte den 48-Jährigen wegen sexueller Handlungen mit Kindern, Schändung, sexueller Belästigung sowie harter Pornografie zu 30 Monaten Gefängnis unbedingt verurteilt.

Dazu hatte das Gericht unter anderem ein lebenslanges Verbot von Tätigkeit mit Kindern angeordnet. Im zwei Fällen gab es aber einen Freispruch, weil das Amtsgericht das Datum der Tat anzweifelte, die Anklageschrift in diesem Punkt unklar gewesen sei.

Das Obergericht verschärft das Urteil nun also. Es kommt zum Schluss, dass mindestens zwei der drei Fälle nachweislich passiert sind. Es gebe dazu glaubwürdige Aussagen, hiess es bei der Urteilsverkündigung in Solothurn.

Umstrittene Frage der Verwahrung

Der Verurteilte muss für 37 Monate ins Gefängnis. Das Tätigkeitsverbot wird bestätigt. Vor allem aber hat das Obergericht zusätzlich eine Verwahrung angeordnet, so wie es die Staatsanwaltschaft schon früher gefordert hatte.

Mehrere Gutachten seien zum gleichen Schluss gekommen: Es sei ernsthaft zu erwarten, dass der Verurteilte in Freiheit wieder Sexualdelikte mit Kindern begehen würde. Es gebe keine Aussicht auf eine andere sinnvolle Massnahme. Damit sei eine Verwahrung verhältnismässig.

Audio
Das Urteil im Fall William W. am Solothurner Obergericht: Reporter Bruno von Däniken berichtet
aus Regionaljournal Aargau Solothurn vom 15.11.2021. Bild: SRF
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Der Solothurner Oberstaatsanwalt zeigte sich nach dem Urteil zufrieden. Die Gesellschaft müsse vor William W. geschützt werden, hatte er bereits bei der Verhandlung argumentiert. Der Angeklagte habe die Chance nicht genutzt, welche ihm das Gericht nach seiner letzten Verurteilung mit verschiedenen Bewährungsauflagen (u.a. elektronische Fussfessel, Therapie) gewährt habe.

Eine Verwahrung im Anschluss an die Haftstrafe sei gerechtfertigt. Auch das neueste Gutachten attestiert dem Mann eine grosse Rückfallgefahr – der Gutachter sprach vor Gericht von einem «Hochrisikofall». Der Verurteilte verweigere Therapien – er erachte sich selbst gar nicht als pädophil.

Gerichtszeichnung
Legende: Der psychiatrische Gutachter hält den Angeklagten für uneinsichtig. SRF/Erika Bardakci-Egli

W. und sein Anwalt argumentierten, die vorgeworfenen Taten hätten gar nicht stattgefunden. Die Aussagen der Buben seien unglaubwürdig, die Behörden wollten W. unbedingt verurteilen und wegsperren. Zudem gehe es nicht, dass früher angeordnete Massnahmen nachträglich in eine Verwahrung umgewandelt werden.

Sein Mandant befinde sich bereits viel zu lange im Untersuchungsgefängnis, so der Verteidiger. Er hatte sogar eine Entschädigung verlangt. Zu den konkreten Tatvorwürfen äusserte sich W. bei der Verhandlung nur knapp.

Kurz-Analyse: Dieses Urteil dürfte die Politik beruhigen

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William W. brachte das Rechtssystem an seine Grenzen. Ein Wiederholungstäter, der trotz Therapie-Angeboten und Sicherheitsmassnahmen wieder rückfällig wurde. Öffentlichkeit und Politik verlangten eine Lösung. Die Verwahrung gilt als eine mögliche Lösung, wenn auch als «ultima ratio».

Das Spezielle an diesem Fall: Die Staatsanwaltschaft verlangte die Verwahrung quasi «doppelt». Einerseits im Zusammenhang mit einer früheren Straftat von 2006, also nachträglich, andererseits für die neuen Straftaten von 2018, quasi vorsorglich.

Die Verteidigung hatte dieses Vorgehen kritisiert, seine Rechtmässigkeit angezweifelt. Aber das Bundesgericht gab grünes Licht. Und inhaltlich scheint die Sache nun ziemlich klar zu sein. Denn die Prognose verschiedener Gutachten für William W. ist düster: Er wolle sich nicht helfen lassen, gestehe sich seine pädophile Neigung erst gar nicht ein. Solche Einschätzungen sind die Voraussetzung für eine Verwahrung.

Nach allen Irrungen und Wirrungen im Fall Willam W. (vgl. Box oben) dürfte das Urteil des Obergerichts die politischen Wogen zumindest vorläufig glätten, die Kritik am Solothurner Justizvollzug wohl etwas verstummen. Das letzte Wort allerdings wird Lausanne sprechen müssen – denn bisher hat Willam W. alle Urteile an das oberste Gericht im Land weitergezogen.

William W. sitzt seit November 2018 in Haft und wird auch weiterhin im Gefängnis bleiben. Denn das Obergericht hat Sicherheitshaft angeordet für den Fall, dass der Prozess mit diesem Urteil noch nicht abgeschlossen wäre. Die Parteien können das Urteil des Solothurner Obergerichts an das Bundesgericht weiterziehen. Der Verteidiger von William W. hat gegenüber SRF angekündigt, dass er dies «ziemlich sicher» tun werde.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 15.11.2021, 12:03 Uhr;

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