Für Radrennfahrerin Noemi Rüegg läuft es in dieser Saison wie am Schnürchen. An den Olympischen Spielen in Paris landete die erst 23-Jährige auf dem guten siebten Platz. Dazu kommen ein Schweizermeistertitel, mehrere internationale Top-Ten-Klassierungen und ein erster Profisieg.
Die Zürcherin ist in einer Radsport-Familie aufgewachsen. Ihr Vater war Trainer im lokalen Mountainbike-Verein, ihr älterer Bruder Timon ist ebenfalls Radsportler. «Von ihm konnte ich jeweils auch die Ausrüstung übernehmen, wenn sie ihm nicht mehr passte», sagt Rüegg. Sei es das Velo, die Räder oder die Kleider.
Doch diese Möglichkeit haben lange nicht alle. Rennvelofahren ist teuer und das ist gerade im Nachwuchs ein Problem. Eines, das Hans Harnisch, Nachwuchsverantwortlicher von Swiss Cycling, Sorgen bereitet. «Die Eltern wollen das Beste für ihre Kinder. Und das Beste ist häufig auch das Teuerste.»
Junge Athletinnen hören auf, weil die Ausrüstung zu teuer ist
Für ein Rennvelo kann man schnell mal mehrere Tausend Franken ausgeben. Und das tun viele Athleten oder ihre Eltern bereits in jungen Jahren. Dabei wäre das gar nicht nötig, findet Hans Harnisch von Swiss Cycling. «Felgen aus Carbon, die pro Set etwa 1'500 Franken teurer sind als jene aus Aluminium, sind bis weit ins Juniorenalter überflüssig», nennt Harnisch als Beispiel. Auch ein Occasion-Velo reiche im jungen Alter völlig aus.
Mit Informationskampagnen in den Vereinen versucht der Radsportverband dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Doch häufig reden die Nachwuchsverantwortlichen gegen eine Wand. Die jungen Athletinnen und Athleten oder deren Eltern setzen sich häufig selber unter Druck. «Wenn alle anderen Fahrerinnen das teuerste Material haben, ist es schwierig, da nicht mitzumachen», sagt auch die 23-jährige Radsportlerin Noemi Rüegg aus Erfahrung.
Das sei schade. «Es sollte darum gehen, wer die schnellsten Beine hat und nicht, wer sich das teuerste Velo leisten kann», findet Rüegg. So sieht es auch Hans Harnisch von Swiss Cycling. Für die Nachwuchsförderung ist das ein Problem. «Es gibt immer wieder junge Athletinnen und Athleten, die sagen, dass sie das nicht mehr mitmachen. Dass es ihnen zu teuer sei.»
Grosse Hoffnungen in Rad-WM im eigenen Land
Die Schweiz ist im Mountainbike sehr stark. Der Nachwuchs im Strassenradsport ist aber im Vergleich zu Belgien, Frankreich oder den Niederlanden eher bescheiden. Das hat einerseits damit zu tun, dass die Kinder hierzulande in der Regel auf dem Mountainbike starten und im Jugendalter dann nicht aufs Strassenvelo umsatteln. Andererseits gebe es in der Schweiz wenig geeignete Strassen, auf denen junge Athletinnen und Athleten ungestört trainieren könnten, sagt Hans Harnisch.
Mit verschiedenen Programmen wollen wir die Aufmerksamkeit auf unseren Sport lenken.
Nun hofft der Nachwuchsverantwortliche von Swiss Cycling auf die Rad-Weltmeisterschaften in Zürich, die am Wochenende starten. «Mit verschiedenen Programmen wollen wir die Aufmerksamkeit auf unseren Sport lenken.» Helfen könnten da sicher auch gute Leistungen der Schweizer Fahrerinnen und Fahrer.
Noemi Rüegg konnte an den Olympischen Spielen in Paris Selbstbewusstsein tanken. Ein konkretes Ziel fürs Rennen am 28. September wolle sie sich nicht setzen. «Aber ich weiss, dass ich fit bin.»