«Ich bin immer noch eine klare EU-Befürworterin», sagt Sabina Döbeli. Auch ein Vierteljahrhundert nach dem EWR-Nein, das die Schweiz dermassen erschüttert und aufgewühlt hat, will sie das von Anfang an klarstellen. Döbeli ist 49-jährig, Unternehmensberaterin, in den Bereichen Nachhaltigkeit und Kultur tätig. Sie ist verheiratet und Mutter eines Sohnes.
So wollten wir diese Schweiz nicht mittragen. Wir wollten etwas ändern.
Damals, als sie 25 Jahre jünger war, damals am Sonntagabend des 6. Dezember 1992 sass Döbeli, die Solothurner Studentin, mit Gleichgesinnten zusammen. Es war ein bewegender Moment, es gab Tränen. «Uns war klar, dass etwas passieren muss. So wollten wir diese Schweiz nicht mittragen. Wir wollten etwas ändern.»
Das war die Geburtsstunde von «Geboren am 7. Dezember 1992». Bereits zwei Wochen später skandierten Tausende, vorab junge Menschen, «Schweiz, Europa, Solidarität» vor dem Bundeshaus. Die nationale Grosskundgebung war von einer kleinen beherzten Gruppe junger Leute in 14 Tagen organisiert worden, ohne Twitter, ohne Hilfe der sozialen Medien.
Bei Europa dabei sein
Aussergewöhnlich daran war: Da demonstrierte nicht die Tränengas-Jugend der wilden 80er Jahre, nicht die Jugend die den Fichenstaat niedergebrüllt hatte. Da gingen Junge von rechts bis links für die offizielle Politik auf die Strasse.
Wir wollten das Friedensprojekt Europa unterstützen.
«Wir wollten mehr als die Wirtschaftsverbände vom EWR gewollt hatten. Es ging nicht nur um die Geschäfte und nicht nur ums Geld», sagt sie. «Wir kämpften für eine Schweiz im Herzen Europas. Wir wollten bei Europa dabei sein. Wir wollten das Friedensprojekt Europa unterstützen.»
Die «Geboren am 7. Dezember»- Bewegung lanciert im Nachgang zur eindrücklichen Demonstration eine Volksinitiative für einen zweiten Anlauf Richtung EWR. «Wir haben unsere ganze Freizeit investiert und wir haben – vielleicht auch mit ein bisschen Naivität– gemacht, wovon wir überzeugt waren.»
Zweite EWR-Initiative wurde zurückgezogen
Die nötigen Unterschriften kommen rasch zusammen und die EWR-Initiative wird bereits im Herbst 93 eingereicht. Aber darüber abgestimmt wird nie.
Das Volksbegehren wird 1997 gar zurückgezogen. Man setzt auf eine zweite Initiative mit dem Titel «Ja zu Europa», die Beitrittsverhandlungen mit der EU fordert. Diese Initiative wird freilich im März 2001 mit fast 77 Prozent Nein beerdigt. «Das war ein denkbar schlechter Zeitpunkt», sagt Döbeli heute zum Zeitpunkt der Abstimmung. Ob es ein Fehler war, die Initiative zu lancieren, lässt sie offen. «Wir hatten nicht in der Hand, wann abgestimmt wird. Das war Kalkül, so funktioniert die Politik.»
Zum Zeitpunkt der Abstimmung hatte nämlich das Stimmvolk bereits die bilateralen Verträge I. mit der EU angenommen. Die Forderung nach einem EU-Beitritt stand vor diesen Hintergrund also mehr als quer in der Landschaft.
Generalsekretärin der NEBS
Früher war Döbeli FDP-Geschäftsleitungs-Mitglied heute ist sie parteilos. «Ich bin wohl zu links für die FDP, wie sie heute ist.» Früher war sie auch Generalsekretärin der Neuen Europäischen Bewegung Schweiz, der heutigen NEBS, der sich letztlich auch die Bewegung «Geboren am 7. Dezember» angeschlossen hat. Das war 1998.
Politiker getrauen sich nicht mal mehr, das Wort EU auszusprechen.
Heute sagt Döbeli zur Europa-Diskussion: «Die EU ist nun ein Schreckgespenst für Viele. Politiker getrauen sich nicht mal mehr, das Wort auszusprechen. Sie wollen das Verhältnis zur EU nicht fixieren. Wir sind weiter weg als vor 25 Jahren. Das hätte ich damals nicht gedacht.»