Pokerclub, Schützenverein, Jodlerverein, Samariter, Blasmusikanten. In Naters gibt es über 100 Vereine. Als die Walliser Regierung vor knapp zwei Wochen die 10-Personen-Regel einführte, war dies der vorübergehende Todesstoss für das Vereinsleben.
Das Dorfleben ist nur so gut, wie es das Vereinsleben ist.
Und das bereitet Franz Ruppen, dem Gemeindepräsident von Naters, grosse Sorgen: «Die Vereine sind wichtig für unser Dorf. Und für mich ist klar: Das Dorfleben ist nur so gut, wie es das Vereinsleben ist.»
Gibt es keine Vereinsaktivitäten, gehe ein wichtiger sozialer Austausch im Dorf verloren, ist Ruppen überzeugt: «In den Vereinen gibt es einen Austausch zwischen den Generationen, zwischen den verschiedenen Berufen und auch zwischen den Wohnquartieren. Das kittet zusammen.»
FC Naters verlor bereits eine Juniorenmannschaft
Der grösste Verein in Naters ist der Fussballklub. Bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr wurde der ganze Spiel- und Trainingsbetrieb eingestellt. Der Präsident des FC Naters, Hans Ritz, ist frustriert: «Wir haben rund 300 Spieler, die nun nicht mehr kommen dürfen. Der ganze Betrieb ist tot.» Und dieser Stillstand sei für den Verein gar nicht gut. Nach der ersten Welle im Frühling seien sechs Kinder aus der B-Junioren Mannschaft ausgestiegen. «Wir konnten daher die Junioren-B Mannschaft nicht mehr stellen», so Ritz.
Täglich rufen Eltern bei Hans Ritz an und verlangen den Vereinsbeitrag zurück, weil ihre Kinder momentan nicht mehr trainieren können. Das gehe leider nicht, sagt Ritz: «Wir müssen schauen, dass unser Verein das überlebt. Und wir haben die Lizenzgebühren für jeden Spieler ja bereits bezahlt. Da erhalten wir vom Fussballverband auch nichts zurück.»
Üben dürfen momentan nur die Jungen
Am Montagabend treffen sich normalerweise über 60 Musikerinnen und Musiker der Musikgesellschaft Belalp Naters. Momentan sind es jeweils nur gerade neun Personen, mit dem Dirigenten ist das Maximum von zehn Personen erreicht. Aktuell dürfen nur die jungen Mitglieder in diesen kleinen Formationen üben. «Es ist uns wichtig, dass die Jungen jetzt weiterhin Musik machen. Wenn die jetzt aufhören, finden sie andere Hobbys, und uns gehen die Mitglieder aus», sagt Julien Schuhmacher, Präsident der Musikgesellschaft.
Nur, was übt man eigentlich, wenn gar keine Auftritte anstehen? Es sei schwierig, sich zu motivieren, sagt zum Beispiel Norbert Schaller. Er spielt seit 53 Jahren Trompete in der Dorfmusik. Er liess sich frühpensionieren, die Musik gab ihm einen Tagesablauf: «Jeden Tag habe ich mir zwei Stunden für die Blasmusik reserviert, das strukturierte meinen Tag. Jetzt ohne Zielvorgabe fehlt die Motivation.»
Die Dorfmusik gab mir Struktur.
Der Verein sei aber nicht nur sein Fixpunkt im Tagesablauf, er sei auch ein gesellschaftlicher Pfeiler, so Norbert Schaller: «Die Jüngsten sind 18, die Ältesten um die 70. Wir haben also drei Generationen, und wenn wir da gemeinsam etwas erreichen, ist das eine wunderbare Sache.»
Vereine kämpfen ums Überleben
Genau diesen Austausch zwischen den Generationen gelte es zu erhalten, betont Gemeindepräsident Franz Ruppen. Er fürchtet aktuell aber nicht nur um den sozialen Austausch, sondern auch um die Vereine selber: «Wenn die zahlreichen Vereinsanlässe gestrichen werden, fehlen den Vereinen wichtige Einnahmen.» Er appelliert an die Bevölkerung: «Bezahlt den Jahresbeitrag oder den Sponsorenbeitrag trotz Stillstand – damit die Vereine diese schwierige Zeit überleben.»