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SGB macht Arbeitgebern und EU schwere Vorwürfe
Aus Rendez-vous vom 02.06.2023. Bild: KEYSTONE/Lukas Lehmann
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Verhandlungen Schweiz-EU Chefökonom des SGB geht mit EU und Arbeitgebern hart ins Gericht

Vor den Delegierten hat sich der Chefökonom des SGB erstmals öffentlich zum aktuellen Stand geäussert. Und Klartext gesprochen.

Daniel Lampart ist für den Schweizerischen Gewerkschaftsbund SGB in den Gesprächen mit dem Bund und der Arbeitgeberseite über eine mögliche Annäherung an die EU dabei.

Die Schweizer Arbeitgeber spielen eine himmeltraurige Rolle.
Autor: Daniel Lampart Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes

Vor den Delegierten in Bern hat sich der Chefökonom des SGB heute Freitag erstmals öffentlich zum aktuellen Stand geäussert. Und Klartext gesprochen: «Anders als in den Medien suggeriert wird, liegt bis heute beim Lohnschutz nichts auf dem Tisch, bloss eine Verschlechterung.»

Deutliche Worte des Chefökonomen

Die Arbeitgeber würden keine Hand bieten für Verbesserungen. Im Gegenteil, sagt Lampart, und geht zum Frontalangriff über: «Die Schweizer Arbeitgeber spielen eine himmeltraurige Rolle. Sie wollen ein Rahmenabkommen, wehren sich aber nicht bei der Verschlechterung beim Lohnschutz und weigern sich, bei der Problemlösung Hand zu bieten.»

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EU-Sondierungsgespräche: Gewerkschaften beharren auf Lohnschutz
Aus Tagesschau vom 02.06.2023.
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Und die Probleme beim Lohnschutz seien im Rahmen der laufenden Sondierungsgespräche zwischen der Schweiz und der EU nicht kleiner geworden, sondern vielmehr grösser, erklärt der SGB-Chefökonom: «Die bisherige Entwicklung der Sondierungsgespräche ist besorgniserregend; der Lohnschutz und der Service Public sind nicht gesichert.»

Mann.
Legende: SGB-Chefökonom ist mit den aktuellen Verhandlungen mit der EU unzufrieden. Keystone/Anthony Anex

EU-Vertreter wie EU-Kommissionsvizepräsident Maros Sefcovic würden zwar immer wieder vorgeben, sie hätten Verständnis für die Anliegen der Gewerkschaften. Doch ihre Vertreter in den Sondierungsgesprächen täten das Gegenteil, sagt Lampart.

SGB will Zugeständnisse seitens der EU

So verlange die EU-Kommission neuerdings, dass Firmen aus der EU ihren Angestellten in der Schweiz keine Schweizer Spesenansätze mehr bezahlen müssten. Dies könne für Arbeitnehmende Einbussen von bis zu 1'000 Franken pro Monat bedeuten, rechnet Lampart vor. «Über diese arbeitnehmerfeindliche Haltung der für die Schweiz zuständigen EU-Vertreter sind wir geschockt.»

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Daniel Lampart: «Die Gewerkschaften werden nicht einknicken»
aus Tagesgespräch vom 02.06.2023. Bild: KEYSTONE/Anthony Anex
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Bei den Delegierten des Gewerkschaftsbundes kommt das alles gar nicht gut an. Im Saal ist man sich einig: Ohne klare Zugeständnisse der EU und der Arbeitgeberseite sind die Gewerkschaften nicht bereit, neue Abkommen mit der EU abzuschliessen, wie aus den Voten der Delegierten klar wird.

Schlechte Nachrichten für den Bundesrat

Ohne eine einzige Gegenstimme haben die Delegierten des SGB eine Resolution verabschiedet, welche die Position des Gewerkschaftsbundes im Hinblick auf ein allfälliges Verhandlungsmandat mit der EU darstellt. Darin sind klare rote Linien formuliert. Der SGB zeigt zwar erstmals eine gewisse Bereitschaft, die von der EU kritisierte 8-Tage-Voranmeldefrist schrittweise zu verkürzen. Auch Verbesserungen, die sich aus Sicht des SGB mit der Unionsbürgerrichtlinie der EU ergäben, ist man bereit, zu übernehmen.

Arbeitgeberverband weist Vorwürfe zurück

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Valentin Vogt, Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, weist die Vorwürfe dezidiert zurück. Vogt erklärt gegenüber Radio SRF: «Das ist Gewerkschaftspolitik. Wir sind in guten und konstruktiven Gesprächen mit der EU und mit den Arbeitnehmern.»

Nächste Woche werde eine letzte Gesprächsrunde stattfinden, sagt Vogt und schliesst nicht aus, dass die Gewerkschaften vorher noch einmal Druck aufbauen möchten. Daniel Lampart habe den Delegierten aber Sand in die Augen gestreut, sagt der Arbeitgeberpräsident.

Zwar lehne sein Verband es ab, Zugeständnisse in Bereichen zu machen, die überhaupt nichts mit der Personenfreizügigkeit zu tun hätten, zum Beispiel beim Kündigungsschutz von älteren Mitarbeitenden. In den von der EU kritisierten Bereichen seien die Arbeitgeber aber durchaus bereit, Alternativen zum Schutz der Löhne zu akzeptieren, erklärt Vogt: «In diesen Bereichen, Kautionen und Voranmeldefrist, gibt es konstruktive Vorschläge von unserer Seite, welche die Gewerkschaften auch zur Kenntnis nehmen.»

Vogt geht denn auch davon aus, dass der Schlussbericht, den Staatssekretärin Helene Budliger Artieda zuhanden des Bundesrates verfassen soll, konkrete Resultate aus den Gesprächen mit den Gewerkschaften enthalten wird.

Aber gleichzeitig verlangt der Gewerkschaftsbund eine ganze Reihe von verbindlichen Garantien, die den bisherigen Lohnschutz absichern sollen. Die Übernahme der EU-Spesenregelung lehnt der SGB ab. Die von der EU geforderte vollständige Marktöffnung beim Strom lehnt der SGB ab. Und auch eine Marktöffnung beim öffentlichen Verkehr lehnt der SGB ab. Für den Bundesrat, der Ende dieses Monats «Eckwerte» für ein Verhandlungsmandat mit der EU definieren will, sind das äusserst schlechte Nachrichten.

Rendez-vous, 02.06.2023, 12:30 Uhr

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