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Viehmarkt-Tricks Viehhändler kassieren Sofarenten in Millionenhöhe

«Kassensturz» deckt auf Viehmärkten Händlertricks auf. Fragwürdig: Der Staat belohnt sie zusätzlich mit Import-Rechten.

Schweizer Bauern bringen jedes Jahr rund 60'000 schlachtreife Kühe auf einem der vielen Viehmärkte zur sogenannten Gant. Sie hoffen, dort einen guten Preis zu erzielen. Doch mehrere Bauern und Branchenkenner kritisieren: Händler würden sich oft mit diskreten Zeichen absprechen, wer eine Kuh kaufen wolle. Die anderen würden dann nicht mitbieten. So werde der Preis auf Kosten der Bauern gedrückt.

Tricksen Viehhändler bei Versteigerungen?

«Kassensturz» besucht mit einem Experten verdeckt einen Viehmarkt. Um den Experten nicht zu gefährden, muss der Ort geheim bleiben. Tatsächlich ist mehrfach zu beobachten, dass sich die Händler mit Zeichen absprechen. Oft bietet dann nur ein einziger Händler, es kommt zu keiner Preissteigerung. Das Urteil des Experten: «Das ist keine Versteigerung. Die Händler haben sich abgesprochen.»

Ein schwerer Vorwurf, welchen Peter Bosshard, Geschäftsführer des Schweizerischen Viehhändler-Verbandes klar dementiert. «In der jetzigen Zeit weise ich ganz entschieden zurück, dass da Absprachen gemacht werden. Die Händler müssen die Nachfrage nach Kühen befriedigen.» Da kämen sie nicht umhin, für die Tiere zu bieten.

«Sofa-Rente»: 200 Franken-«Geschenk» pro Kuh

Der Bund unterstützt die Viehmärkte jährlich mit 1.5 Millionen Franken. Aus kantonalen Kassen fliessen weitere 4 Millionen Franken an Subventionen. Aber: Das ist noch nicht alles.

Das verdienen die Metzger

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Von günstigen Importrechten profitieren nicht nur Viehhändler. Auch Metzger erhalten je nach Menge der Schlachtungen von Inlandtieren Importrenten. Diese betragen bei den Metzgern insgesamt sogar über 40 Millionen Franken. Mehr als die Hälfte davon geht an die grössten drei Metzger im Land: Bell (Coop), Micarna (Migros) und Ernst Sutter AG (Fenaco).

Viehhändler haben die Pflicht, alle Tiere auf dem Markt zu kaufen. Für diese Leistung werden die Händler mit sogenannten Import-Kontingenten belohnt. Diese geben dem Viehhändler das Recht, Edelstücke wie Rinderfilets und Entrecôtes aus dem Ausland zu importieren. Edelstücke, die er in der Schweiz teuer verkaufen kann.

Ein lukratives Geschäft für den Viehhändler. Mit jedem gekauften Tier auf dem Viehmarkt macht er später Importgewinne von 200 Franken. Eine Summe, die im Fachjargon auch «Sofarente» heisst.

Stellungnahme Fleischfachverband

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«Der Schweizer Fleisch-Fachverband SFF nimmt zu den Importkontingenten und der damit zusammenhängenden Inlandleistung wie folgt Stellung:

  1. Das eidgenössische Parlament hat der teilweisen Wiedereinführung der Inlandleistung im Rahmen der Agrarpolitik 2014-2017 zugestimmt. Die nun geäusserten Absichten vor allem des Bundesamtes für Landwirtschaft stehen damit im klaren Widerspruch zum Parlamentswillen und damit dem geltenden Gesetz.
  2. Die Inlandleistung zugunsten der Schlachtbetriebe im Umfang von jährlich 40 bis 43 Mio. Franken ist angesichts des aktuellen Grenzschutzes der Schweiz für das Funktionieren des inländischen Fleischmarktes von zentraler Bedeutung. So hat sie seit deren teilweisen Wiedereinführung zu verschiedenen positiven Effekten geführt wie z.B. der Rettung des hiesigen Lammfleischmarktes, aber auch einer ob all der behördlichen Auflagen entlastenden, oftmals gar existenziellen Wirkung für viele, oftmals dezentral gelegenen Schlachtbetriebe. Gerade diese wären mit der von der Bundesverwaltung beabsichtigten Aufhebung wieder akut gefährdet.
  3. Die Inlandleistung stellt Teil eines grösseren Kontextes dar, indem der Bund beim Import die gesamte Lebensmittelkette Fleisch bei der Vergabe von Zollkontingenten einseitig mit Kosten bei der Versteigerung von netto 130 bis 150 Mio. Franken zugunsten der allgemeinen Bundeskasse belastet und so mit einem weiteren Kostenfaktor das Fleisch hierzulande zusätzlich verteuert. Diese de facto-Fleischsteuer zu Lasten der Lebensmittelkette Fleisch übertrifft die zur Diskussion stehende Inlandleistung zu Gunsten der schlachtenden Betriebe notabene um mehr als Faktor 3!

Mit der Abschaffung der Inlandleistung will der Bundesrat diese einseitige de facto-Fleischsteuer nun noch zusätzlich erhöhen – dies auch im Gegensatz zu den übrigen Bereichen.»

10 bis 12 Millionen Franken an Viehhändler

Der Bund schätzt die jährliche Gesamtrente für Viehhändler auf 10 bis 12 Millionen. Die grössten unter den Viehhändlern, Imbeca in Basel, Lüscher in Aefligen oder Marmy in Estavayer, kassieren Renten von über einer Million pro Jahr.

Stossend: Studien kommen zum Schluss, dass nur ein geringer Teil dieser Renten an die Bauern weitergegeben wird. Der weitaus grössere Teil lande bei Viehhändlern, sagt Adrian Aebi, Vizedirektor des Bundesamtes für Landwirtschaft. Der Bundesrat will das System der Importkontingents-Renten deshalb abschaffen.

Viehhändler-Verband: «Bauern profitieren ebenso»

«Kassensturz» trifft auf einem Viehmarkt Peter Bosshard, Geschäftsleiter des Schweizerischen Viehhändler-Verbandes. Dieser weist die Kritik zurück: «Es kommt sehr viel von der ganzen Importrente beim Bauern an. Sie haben es heute gesehen auf dem Markt, es sind sieben Viehhändler da; da wird gesteigert, da ist Markt. Man nimmt nicht einfach nur Tiere heim und hofft auf diese Importrente.»

TV-Tipp

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Mehr dazu um 21.05 Uhr auf SRF 1.

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