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Viel Lastwagenverkehr Heftige Kritik an Logistikzentren abseits der Autobahn

Im Kanton Solothurn hadern viele mit Logistikzentren. Nun kritisiert die Regierung den Nachbarkanton Bern scharf.

Auf den ersten Blick steht es an einem idealen Standort. Das Logistikzentrum von Conforama und Lipo in Derendingen SO liegt direkt neben der Autobahn. Das Problem: Einen Anschluss an die Autobahn gibt es erst in fünf Kilometer Entfernung. Die Lastwagen müssen also trotzdem durch Dörfer rollen.

«Eine Schande» sei dieses Zentrum, ereiferte sich Hardy Jäggi (SP) im Solothurner Kantonsparlament. Acht Hektaren Ackerland gingen durch den Bau verloren, viele Versprechungen des Logistikkonzerns (u.a. Schulungszentrum) wurden nicht eingehalten. Für Marie-Theres Widmer (Mitte) «ein Trauerspiel».

Autobahn und Lagerhalle
Legende: Das Verteilzentrum in Derendingen liegt zwar direkt an der Autobahn, sorgt aber trotzdem für Lastwagenverkehr in den umliegenden Dörfern. SRF / Marco Jaggi

Solothurner Politikerinnen und Politiker ärgern sich auch deshalb so über das Logistikzentrum in Derendingen, weil ein weiteres grosses Verteilzentrum geplant ist, das ebenfalls nicht in der Nähe eines Autobahnanschlusses liegt.

Es geht um dasjenige des Onlinehändlers Digitec Galaxus und der Post. Dieses soll auf dem Areal der ehemaligen Papierfabrik in Utzenstorf BE gebaut werden. Die Lastwagen müssten, um auf die Autobahn zu gelangen, durch Nachbardörfer fahren. Betroffen ist unter anderem Gerlafingen, das im Kanton Solothurn liegt.

Die Planung dieses Logistikzentrums wurde vom Kanton Bern zunächst ohne Wissen des Kantons Solothurn vorangetrieben. «Dies ist uns extrem in die Nase gestiegen», sagte die Solothurner Regierungsrätin Sandra Kolly im Kantonsparlament.

Visualisierung Lagerhalle
Legende: Das geplante Verteilzentrum von Digitec Galaxus in Utzenstorf. Auf dem Areal wurde bis vor wenigen Jahren Papier hergestellt. zvg

Man werde dieses Vorgehen des Kantons Bern nicht akzeptieren und unterstütze deshalb die Solothurner Gemeinde Gerlafingen beim Kampf gegen das Verteilzentrum, so die Regierungsrätin. Logistikzentren müssten zwingend kantonsübergreifend geplant werden.

Auch Aargau und Luzern kritisieren Bern

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Visualisierung Lagerhalle
Legende: Das geplante Verteilzentrum von Lidl brächte 250 Arbeitsplätze, aber auch 450 Lastwagenfahrten pro Tag. zvg

In Roggwil BE plant der Detailhändler Lidl ein neues Verteilzentrum auf dem Areal der ehemaligen Spinnerei Gugelmann. Das Areal liegt direkt an der Zuglinie, der nächste Autobahnanschluss ist jedoch einige Kilometer entfernt.

Die Gemeinden, durch die der Lastwagenverkehr rollen würde (u.a. Reiden LU und Rothrist AG), wehren sich gegen das Projekt. Ähnlich wie im Falle von Utzenstorf wird auch hier der Kanton Bern von den Nachbarkantonen kritisiert. Luzern und Aargau finden, dass eine überregionale Planung nötig sei.

Der Kanton Solothurn ist ganz grundsätzlich ein Kanton mit sehr vielen Logistikbetrieben. Vor allem in der Nähe des Autobahnkreuzes Härkingen steht eine Lagerhalle neben der anderen. Unter anderem die Firmen Planzer, Emil Egger, Murpf, Dreier, Leclerc, Migros oder die Post betreiben Logistikzentren, die mit viel Lastwagenverkehr einhergehen.

Allerdings dürfe man die wirtschaftliche Bedeutung der Branche nicht vergessen, betonte der Direktor der Solothurner Handelskammer Daniel Probst (FDP) im Kantonsrat. In den letzten 10 Jahren wurden im Logistikbereich alleine rund ums Autobahnkreuz Härkingen 1500 Arbeitsplätze neu geschaffen.

Luftaufnahme Lagerhalle mit Lastwagen
Legende: Blick auf das Paketverteilzentrum in Härkingen. Keystone

«Jede fünfte Stelle, die neu im Kanton Solothurn geschaffen wird, ist in der Logistik. Hätten wir diese Branche nicht, hätten wir ein Problem», warb Probst für mehr Verständnis für die umstrittene Branche. Und Regierungsrätin Sandra Kolly lobte, dass zum Beispiel das Migros-Verteilzentrum in Neuendorf ein Hightech-Betrieb mit automatischem Hochregallager sei und nicht bloss eine Halle, in der ein paar wenige Stapler herumfahren.

Trotz Ärger über den vielen Lastwagenverkehr, den die Verteilzentren mit sich bringen, müssten sich auch alle selbst an der Nase nehmen, sagte Egerkingens Gemeindepräsidentin Johanna Bartholdi (FDP). Schliesslich werde vermehrt online eingekauft und erwartet, dass Artikel möglichst schnell geliefert werden. Diese Erwartungshaltung sei der Grund für die vielen Logistikbetriebe und ihre Begleiterscheinung Lastwagenverkehr.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 13.07.2022, 17:30 Uhr ; 

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