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Viererfeld in Bern Hat der Kanton Bern gutes Land zu günstig abgegeben?

Der Kanton hat das Viererfeld wohl unter Wert verkauft. Ein Bericht zweifelt an der Rechtmässigkeit des Verkaufs.

Auf dem «Viererfeld» in Bern soll in den nächsten Jahren eine Grossüberbauung entstehen. Die Stadt Bern hat dafür ein grosses Stück Land an bester Lage dem Kanton Bern abgekauft. Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Kantonsparlamentes zweifelt nach einer Analyse des Geschäfts, dass ein Marktwert zum Zug kam. Es gibt auch noch weitere Fragezeichen.

Die Kommission schreibt in einer Mitteilung vom Montag, das Gesetz verlange bei solchen Landverkäufen, dass der Marktwert gelte.

Bei der Transaktion Viererfeld geht es um den Verkauf eines 84'482 Quadratmeter grossen Grundstücks sowie um die Abgabe eines 78'210 Quadratmeter grossen Grundstücks im Baurecht an die Stadt Bern.

Der Kanton Bern erhielt für das verkaufte Grundstück 51.1 Millionen Franken. Das zweite Grundstück, das während der ganzen Baurechtsdauer von 40 Jahren als Grünfläche erhalten bleiben muss, gab der Kanton unentgeltlich ab. Auf dem Viererfeld soll eine Überbauung für rund 3000 Menschen entstehen.

Am Anfang stand Finanzkontrolle

Die GPK des bernischen Grossen Rats wurde in dieser Angelegenheit aktiv, weil die kantonale Finanzkontrolle 2018 bei der Prüfung der Kantonsrechnung auf eine unvollständige Dokumentation zur Grundstückstransaktion stiess. Das geht aus dem Bericht hervor.

Wiese mit Gebäude
Legende: Im zweiten Anlauf stimmten die Stadtberner Stimmberechtigten 2016 der Wiedereinzonung der Bauflächen und dem Kauf des Geländes durch die Stadt Bern zu. Keystone

Die Unterlagen, die danach zum Vorschein kamen, enthielten nach Einschätzung der Finanzkontrolle Widersprüche und Unklarheiten. Die kantonale Finanzkontrolle ist ein von der Verwaltung unabhängiges Kontrollorgan des Kantons Bern.

Laut dem GPK-Bericht ging der Kanton Bern von einem Quadratmeterpreis von 1000 Franken für nicht erschlossenes Bauland aus und kam auf einen Wert von 107 Millionen Franken für das ganze Viererfeld. Weil nur die Hälfte des Landes verkauft wurde, verlangte der Kanton von der Stadt Bern 53.3 Millionen. Schliesslich einigte man sich auf 51.1 Millionen.

Die Geschäftsprüfungskommission

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Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) hat die Aufsicht über den Regierungsrat, die Kantonsverwaltung und die anderen Träger öffentlicher Aufgaben. Sie prüft ausserdem Berichte und den Vollzug von Beschlüssen, wenn diese für die Oberaufsicht von Bedeutung sind. Was analysiert wird, kann die Geschäftsprüfungskommission selber bestimmen. Die GPK legt die Schwerpunkte ihrer Prüftätigkeit grundsätzlich selber fest und kann eigene Untersuchungen und Analysen durchführen.

Die Finanzkontrolle schätzt den Wert des Landes – nach Abschöpfung des Mehrwerts – auf zwischen 135 und 336 Millionen Franken. Sie ging von höheren Quadratmeterpreisen aus.

Nicht nur Marktwert angezweifelt

Die GPK schreibt dazu, ob der Kanton einen angemessenen Preis bei der Transaktion erzielt habe, lasse sich nicht klar mit Ja oder Nein beantworten. Es gebe aber «zahlreiche Anzeichen, dass der Kanton Bern das grössere Grundstück auf dem Viererfeld nicht zu einem Marktpreis verkauft hat.»

Die GPK spricht auch von fehlender Transparenz bei diesem Geschäft. Beispielsweise habe der Kanton Bern auf das Erstellen eines Verkehrswertgutachtens verzichtet. Und im Regierungsratsbeschluss zum Verkaufsentscheid seien ausser Verkaufssumme und Höhe der Mehrwertabschöpfung keine weiteren Zahlen vorhanden.

Hätte Kantonsparlament mitreden müssen?

Die Geschäftsprüfungskommission kommt zum Schluss, dass der Kanton Bern durch den günstigen Verkauf nicht nur den gemeinnützigen Wohnungsbau ermöglichte, sondern damit sogar half, ihn mitzufinanzieren. Das ist insofern pikant, als damit gemäss der Kommission das Parlament und nicht die Regierung über das Landgeschäft hätte entscheiden müssen. Geht es um bezahlbaren Wohnraum, liegt die Entscheidungshoheit beim Parlament.

Auf städtischer Seite sagt der zuständige Gemeinderat Michael Abersold, für den Kanton habe es «sicher eine Rolle gespielt», dass auf dem Viererfeld gemeinnütziger Wohnungsbau betrieben wird. «Das wurde bei der Kalkulation des Gesamtpreises sicher berücksichtigt. Wären nur normale Eigentumswohnungen geplant, wäre wohl ein anderer Preis im Spiel gewesen.» Bezahlbare Wohnungen zu schaffen sei nicht nur Aufgabe der Stadt, sondern auch des Kantons und des Bundes, betont Michael Aebersold.

In der kommenden Wintersession wird sich nun das Kantonsparlament mit den Erkenntnissen des Berichts befassen.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 12:03 Uhr ; 

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