Villa Senar, Halbinsel Hertenstein am Vierwaldstättersee. Es macht den Anschein, als hätte Sergei Rachmaninoff eben das Haus verlassen: Auf dem Schreibtisch im Erdgeschoss liegen Notenblätter, umgeben von gerahmten Familienfotos.
Wenige Schritte weiter thront der Flügel des russischen Pianisten, Komponisten und Dirigenten. Daneben steht eine olivgrüne Polstergruppe, von Rachmaninoff in den 1930er-Jahren ausgewählt.
Kurzum: Wer das Haus betritt, macht einen Sprung in die Vergangenheit. Gewollt, wie die kantonale Denkmalpflegerin Cony Grünenfelder sagt: «Wenn Sergei Rachmaninoff jetzt auf seinem Korbstuhl auf der Terrasse einen Café trinken würde, würde er schon sagen: Das ist meine Villa Senar, hier ist mein Paradies.»
Am 1. April könnte Sergei Rachmaninoff seinen 150. Geburtstag feiern. Und just auf diesen Tag hin öffnet sich dessen «Paradies» am Vierwaldstättersee für die breite Bevölkerung.
Das steckt hinter dem Namen der Villa Senar
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Die einstige Villa von Sergei Rachmaninoff wird auch als Villa Senar bezeichnet. Der Name ist eine Abkürzung der Namen Sergei, seiner Frau Natalia und Rachmaninoff. Die Familie hat das Haus 1934 bezogen. Fünf Jahre später – kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges – wanderte sie jedoch in die USA aus.
Rauschende Geburtstagspartys und Hochzeiten im grossen Stil wird es hier allerdings nicht geben. Die für den Betrieb zuständige Stiftung plant Anlässe für maximal 35 Personen. Kleine Konzerte beispielsweise, Führungen oder private Apéros. Ab Mai können Besucherinnen und Besucher an ausgewählten Tagen im Terrassen-Café Platz nehmen.
«Wir wollen vom Kindergärtner bis zum grossen Meisterpianisten allen die Möglichkeit geben, das Haus zu besichtigen und den Park zu geniessen», sagt Urs Ziswiler, Präsident der Serge Rachmaninoff Foundation. Angedacht ist eine Nutzung, die sich «gut mit dem Schutzstatus des Gebäudes» verträgt, wie die Denkmalpflegerin Cony Grünenfelder sagt.
Vom weissen Bau zur ockerfarbenen Villa
Der kubische Bau steht seit 2018 unter Denkmalschutz. Der historische Charakter war ein Knackpunkt der Sanierung. Die Arbeiten gingen im Juli 2022 los. Das Ziel: Mängel und Schäden beheben, aber auch den damaligen Zustand der Villa wieder hervorholen. «Das bedeutete insbesondere, dass wir innen und aussen die originale Farbgebung wiederhergestellt haben», sagte Cony Grünenfelder.
So sieht die restaurierte Rachmaninoff-Villa aus
Dies ist denn auch die augenfälligste Veränderung: Das Gebäude kommt nicht mehr in Weiss daher, sondern im ursprünglichen Ocker. Um dem Original auf die Schliche zu kommen, brauchte es den Griff zum Skalpell: Damit trugen Fachleute auf einzelnen Flächen Farbe ab, um zu früheren Farbschichten vorzudringen.
Für die Sanierung war Fachwissen und handwerkliches Geschick gefragt. Etwa, um den originalen Parkett zu reparieren oder Fenster aus den 1930er-Jahren wieder instand zu setzen. Auch historische Bilder und Pläne nahm die Denkmalpflege zu Hilfe.
Kanton liess für die Villa 15 Millionen springen
Die Villa Senar gilt als exemplarischer Bau für die Bewegung der Moderne in der Zentralschweiz. Während Jahrzehnten fristete die Anlage ein Schattendasein. Dem setzte der Kanton 2022 ein Ende: Er unterzeichnete mit den gesetzlichen Erben einen Kaufvertrag und lancierte die Idee eines Kulturzentrums. Gut 15 Millionen Franken liess der Kanton dafür springen. Darin enthalten: der Erwerb der Liegenschaft, die Sanierung und der Unterhalt für zehn Jahre.
Die Renovation ist noch nicht abgeschlossen: Insbesondere im Obergeschoss erfolgen weitere Arbeiten. Auch Gärtner- und Bootshaus kommen noch an die Reihe. Damit auch hier dereinst der Geist von «anno dazumal» spürbar ist. Gerade so, als ob Sergei Rachmaninoff jederzeit um die Ecke kommen könnte.
Kauf löst verkachelte Erbschaftssituation
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Der letzte Besitzer der Villa, Rachmaninoffs Enkel Alexandre, starb im November 2012. Er hinterliess vier Kinder, die Anspruch auf ihren Pflichtteil geltend machten. Zugleich war der Kanton Luzern im Testament von Alexandre Rachmaninoff Conus als möglicher Erbe der Villa Senar vorgesehen.
Das Testament war allerdings unklar formuliert, die darin vorgesehene Erbenstellung von Luzern entsprechend umstritten. Mit dem Kauf konnte der Kanton zum Alleineigentümer der Villa werden und allfällige erbrechtliche Auseinandersetzungen vorbeugen.
Kurzzeitig gab es 2013 sogar Meldungen, wonach Wladimir Putin einen Kauf der Villa Senar prüfte. Die Russische Föderation sei daran interessiert, dass die Rachmaninoff-Villa als Gedenkstätte erhalten bleibe, schrieb die russische Botschaft in Bern damals in einer Mitteilung.
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