«Der Vogelwelt geht es besser, aber es gibt noch viel zu tun», sagt Matthias Kestenholz, der Noch-Leiter der Vogelwarte Sempach. Ende Monat geht er nach 30 Jahren Arbeit für die Stiftung in Pension. Im Interview gibt Kestenholz Auskunft über die Schweizer Vogelwelt, anstehende Herausforderungen und darüber, was Privatpersonen tun können.
SRF News: Matthias Kestenholz, wie steht es um die Vogelwelt in der Schweiz?
Matthias Kestenholz: Das unterscheidet sich je nach Vogelart sehr stark. Grundsätzlich stellen wir fest, dass die Vogelbestände erfreulicherweise zunehmen. Es existieren heute in der Schweiz auch wieder mehr Arten als noch vor ein paar Jahrzehnten. Trotzdem geht uns bei der Schweizerischen Vogelwarte die Arbeit nicht aus; es gibt immer noch viele Arten, die auf der roten Liste stehen, also gefährdet sind.
Welchen Vögeln geht es heute besser?
Den Wasservögeln geht es bedeutend besser als noch vor 20 oder 30 Jahren. Dies vor allem dank Reservaten, welche die Vogelwarte Sempach vorschlagen konnte und die dann vom Bund eingerichtet wurden. Auch um die Greifvögel steht es besser. Vor 50 oder 60 Jahren wurden diese noch arg verfolgt, heute sind sie alle geschützt. Ein bekanntes Beispiel ist der Bartgeier. Den Vögeln, welche im Wald leben, geht es insgesamt besser, also etwa dem Kleiber, dem Specht, Drosseln und Finken. Die ökologische Aufwertung der Wälder hat einen positiven Effekt auch auf die Vogelwelt.
Wo liegen die grossen Herausforderungen?
Für die Vögel, deren Lebensgebiet das Kulturland ist, sieht es schlechter aus. Auch wenn es viele Bauernbetriebe gibt, die ein Augenmerk auf den Vogelschutz haben. Im Klettgau SH etwa wird in diesem Bereich super Arbeit geleistet. Diese Region wurde vor zwei Jahren denn auch zur «Landschaft des Jahres» erkoren. Dort gelang es, Naturschutz, Vogelschutz und landwirtschaftliche Produktion unter einen Hut zu bringen. Aber in der offiziellen Schweizer Landwirtschaftspolitik läuft aus unserer Sicht noch zu wenig. Dabei bräuchte es oft nicht viel für einen grossen Gewinn.
Etwa?
Ein wichtiges Thema ist das Mähen. Hier wird aus Sicht des Vogelschutzes zu wenig Rücksicht auf Wiesenbrüter genommen. Traditionell ist der Juli der Monat, in welchem gemäht wird. Daher hat er auch den Namen «Heumonat». Heute wird allerdings schon viel früher gemäht, mitten in der Brutzeit all jener Vögel, die in Wiesen brüten. Da kann man sich leicht ausmalen, wie verheerend sich das auswirkt. Wenn hier neue Wege, andere Praktiken gefunden würden, könnten wir auf einen Schlag etwa zehn Vögel von der roten Liste nehmen.
Was kann ich als Privatperson Gutes tun für die Vogelwelt?
Falls Sie einen Garten haben, indem Sie einheimische Sträucher, Blumen und Bäume pflanzen. Ausserdem kann man mit einfachen Mitteln verhindern, dass Vögel in Scheiben fliegen, indem Vorhänge oder Kleber auf den Scheiben angebracht werden.
Das Gespräch führte Magnus Renggli.