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Volle Intensivstation Covid-Patienten bringen Luzerner Kantonsspital an seine Grenzen

Einzelne Intensivstationen sind bereits wieder voll. Der Grund dafür sind die stark steigenden Neuansteckungen durch die Delta-Variante. In Luzern mussten bereits wieder Patienten und Patientinnen verlegt werden.

Schweizer Spitäler kommen nicht zur Ruhe, Intensivstationen füllen sich erneut mit Corona-Infizierten. Im August betrug ihr Anteil 5 Prozent, aktuell sind es 19 Prozent. Bereits sind einige Stationen voll, wie beispielsweise im Luzerner Kantonsspital.

Dort mussten Patientinnen und Patienten in andere Spitäler gebracht werden, damit es Platz für neue hat. «Es herrscht wieder Hochbetrieb bezüglich Covid», sagt Christoph Henzen. Er ist Chefarzt der Medizin und Leiter des Pandemiestabs am Luzerner Kantonsspital.

Alle Patienten auf der Intensivstation sind nicht geimpft.
Autor: Christoph Henzen Pandemiestab-Leiter Luzerner Kantonsspital

Laut Henzen seien viele Erkrankte deutlich jünger als in der zweiten und dritten Welle. Jedoch steche eine Gemeinsamkeit hervor: «Alle Patienten auf der Intensivstation sind nicht geimpft.»

In der Zentralschweiz befinden sich 25 bis knapp 30 Prozent Corona-Infizierte auf der Intensivpflege. Das klingt nach wenig, ist aber der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. «Auch in normalen Zeiten gibt es in der Region etwa 10 bis 15 Prozent freie Betten auf den Intensivstationen. Diese haben wir mehr als doppelt ausgereizt mit den Covid-Patienten.»

Belastung für das Personal

Zudem sei es aufwändig, solche Patientinnen und Patienten zu betreuen. «Es braucht wirklich viel Fachmitarbeitende, und diese stehen nicht unendlich zur Verfügung», sagt Henzen.

Die aktuelle Situation ist kritisch. «Wir versuchen intensiv, zu verhindern, dass Operationen verschoben werden müssen.» Das wiederum führe zu «Extrameilen» für das Personal. «Das ist sehr aufwändig, sehr belastend und etwas, was wir nicht auf lange Frist durchhalten können.»

Massnahmen im Kantonsspital St. Gallen

Ähnlich klingt es beim Kantonsspital St. Gallen. Auch dort landen mehr Covid-Infizierte auf der Intensivstation. Momentan seien es etwa 11 Personen, sagt Gesundheitsdirektor Bruno Damann: «Alarmierend ist das noch lange nicht. Zu Höchstzeiten hatten wir 35 auf der Intensivstation.»

Trotzdem seien die anstehenden Operationen ein Thema: «Wir müssen uns überlegen, ob wir dort wieder zurückfahren.» Obwohl man das ja eigentlich nicht wolle. «Denn die Patienten wollen ja auch nicht immer warten.»

Wenn die Zahlen weiter so explodieren, ist die Gefahr vorhanden, dass das Gesundheitswesen relativ schnell an den Anschlag kommt.
Autor: Bruno Damann Gesundheitsdirektor St. Gallen

Für Damann ist das Ziel klar: «Wichtig ist, dass das Gesundheitswesen nicht überfordert wird.» Dabei warnt er: «Wenn die Zahlen weiter so explodieren, ist die Gefahr vorhanden, dass das Gesundheitswesen relativ schnell an den Anschlag kommt.»

Um dies zu verhindern, gibt es bereits Massnahmen. Besuchende müssen ein Zertifikat vorweisen. «Dazu diskutieren wir, ob sich das Personal regelmässig Testen lassen soll», sagt Damann. Der Gesundheitsdirektor denkt auch über eine Ausweitung des Covid-Zertifikats nach, beispielsweise bei öffentlichen Veranstaltungen oder Restaurants, um die Betten in den Spitäler nicht zu überlasten.

«Delta macht über tausendmal mehr Viren»

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Interview mit Wissenschaftsredaktor Daniel Theis.

Warum steigen die Neuansteckungen so rasant trotz der 50-prozentigen Impfquote der Bevölkerung?

Offenbar findet die Delta-Variante genügend Menschen die es infizieren kann. Und diese sind dann eben auch ansteckender als früher. Denn Delta macht im Nasen und Rachen über tausendmal mehr Viren als die ursprüngliche Virus-Variante. Hinzu kommen die Geimpften, die sich in seltenen Fällen trotzdem anstecken können. So können auch sie das Virus im Prinzip weiterverbreiten.

Die Delta-Variante ist bereits seit Juli dominant. Wann begann der Anstieg der Fallzahlen?

Die Lockerungen der Massnahmen Ende Juni machten sich sehr rasch bemerkbar. Seit dem steigen die Fallzahlen. Doch die Zunahme verläuft steiler und schneller seit zwei Wochen. Das hat mit dem sogenannten exponentiellen Wachstum zu tun und ist eine Art wie ein Schneeball Effekt. Je mehr Infizierte es hat, desto mehr Menschen können wiederum angesteckt werden.

Steigen die Zahlen weiterhin stark oder könnte es auch sein, dass sie rasch sinken, wie das beispielsweise in England der Fall war?

Antikörper gegen das Coronavirus haben 75 Prozent der Erwachsenen unter 65 Jahren in der Schweiz. Offensichtlich reicht das nicht, um Delta auszubremsen. Anders ist die Situation in Grossbritannien. Dort haben 94 Prozent der erwachsenen Personen Antikörper gegen das Coronavirus. Zwar steigen die Zahlen auch, aber nicht ganz so schnell. Und die Spitaleinweisungen bleiben auf einem konstanten Niveau, auch wenn es hoch ist. Um Delta auszubremsen, braucht es also eine hohe Zahl an genesenen oder geimpften Personen.

Das Gespräch führte Danja Spichtig.


Tagesschau, 19.08.2021, 19:30 Uhr

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