Seit sie von der CVP-Fraktion überraschend neben Viola Amherd auf das Bundesratsticket gesetzt wurde, eilt die 52-Jährige von Interview zu Interview. Zu viel werde ihr das nicht, versichert Heidi Z’graggen: «Ich bewerbe mich um ein hohes politisches Amt. Die Bevölkerung und vor allem die Parlamentarier wollen wissen, wer ich bin.»
Die Regierungsrätin aus Altdorf will Uris erste Bundesrätin werden. Den Sprung nach Bern hat die promovierte Politologin bereits 2010 versucht: Sie kandidierte für den Ständerat – und unterlag. Die Urner CVP verlor ihren Sitz an die Grünliberalen. Z’graggens Aussage, sie wolle gleichzeitig Regierungs- und Ständerätin sein, dürfte ihr geschadet haben.
Türöffnerin für ägyptischen Investor
Als Z’graggens grösstes Verdienst gilt in Uri das Ferienresort des ägyptischen Investors Samih Sawiris. Nach dem Rückzug des Militärs in Andermatt hatte die Region viele Arbeitsplätze verloren, Einwohner wanderten ab. Heidi Z’graggen habe als oberste Raumplanerin das Projekt ermöglicht, sagt Georg Simmen, Talschreiber der Korporation Ursern.
Z’graggen hatte bis zum damaligen Justizminister Christoph Blocher interveniert und für Andermatt eine Ausnahme von Lex Koller und Zweitwohnungsinitative durchgeboxt, zum Ärger von einigen Natur- und Umweltschützern. Kritisiert wird heute aber nur noch hinter vorgehaltener Hand.
Wenn eine Urnerin die Aussicht auf einen solchen Karriereschritt hat, stellt man ihr nicht das Bein.
Im kleinen Bergkanton sei man eben solidarisch – jetzt erst recht, erklärt Franz Steinegger, ehemaliger Urner FDP-Nationalrat und Parteipräsident. «Wenn eine Urnerin die Aussicht auf einen solchen Karriereschritt hat, stellt man ihr nicht das Bein.» Kritik übe man in einer solchen Situation lieber im Stillen.
Auf die Frage, ob Z’graggen das Format zur Bundesrätin habe, weicht Steinegger aus. «Sie ist keine Krisenmanagerin, die rasche Entscheidungen mag. Sie ruft lieber alle an einen runden Tisch. Diskutiert, versucht auszugleichen. So konnte sie viele Probleme lösen.» Mehr wolle er nicht sagen. Auch er sei Urner – und daher eben auch solidarisch, sagt Steinegger.
SVP nicht restlos überzeugt
Z’graggen, die privat mit dem Zürcher SVP-Mann Bruno Dobler liiert ist, positioniert sich in Sachen Zuwanderung und Aussenpolitik rechts von ihrer Konkurrentin Viola Amherd. Damit konnte sie bei der SVP punkten – restlos überzeugt hat sie aber nicht die ganze Fraktion.
Sie habe Z’graggen als schlagfertig empfunden, sagt die Zürcher SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann. «Aber es gibt Leute in der Fraktion, die ihre Antworten als eher ausweichend und schwammig empfunden haben.» Dennoch: Die SVP will Z’graggen unterstützen.
Bei den Grünen wollte die Urnerin mit ihrem ökologischen Engagement überzeugen – das ist offenbar nicht gelungen. «Wenn man CVP- oder FDP-Kandidatin ist, darf man zu Recht sagen, dass man nicht die Grünste ist. Aber ein Fähnchen hochzuhalten, hinter dem nichts steckt, das geht nicht», sagt die Aargauer Nationalrätin Irène Kälin. Die Grünen und die Grünliberalen wollen erst nächste Woche entscheiden, welche Kandidatin sie unterstützen.