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«Der Ruf von Lambarene» – eine Biografie über den «Urwalddoktor»
Aus Regionaljournal Ostschweiz vom 24.09.2021. Bild: KEYSTONE/PHOTOPRESS-ARCHIV/Str
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Von Arbon nach Afrika Thurgauer Arzt in den Fussstapfen von Albert Schweitzer

Der kürzlich verstorbene Walter Munz aus Arbon am Bodensee führte das weltberühmte Tropenspital von Lambarene weiter.

In den 1960er-Jahren ist Walter Munz aus Arbon aufgebrochen, um in einem afrikanischen Spital die Nachfolge von «Dschungeldoktor» Albert Schweitzer anzutreten – vor wenigen Wochen, am 31. August, ist er 88-jährig verstorben. Albert Schweitzer ist weltberühmt. Doch wer war der Thurgauer Arzt, der die Tropenklinik weitergeführt hat? Im Oktober erscheint nun eine Biografie über den «Urwalddoktor» Walter Munz aus dem Thurgau.

Walter Munz führt bei Beerdigung von Albert Schweitzer den Trauerzug an.
Legende: Beerdigung von Albert Schweitzer Der 1875 geborene Tropenarzt Albert Schweitzer wird 1965 in Lambarene beerdigt. Sein Nachfolger Walter Munz aus Arbon führte den Trauerzug an. Keystone

Schon als Jugendlicher habe er davon geträumt, dem «grand docteur» in dessen Tropenspital in Lambarene im zentralafrikanischen Gabun zu helfen. In einer Sendung von Schweizer Radio SRF vor sieben Jahren hat Walter Munz davon erzählt, wie es war, als er das Inserat in der Ärztezeitung las: «Albert Schweitzer sucht für sein Spital in Lambarene einen Arzt - ledig und mit guten Französischkenntnissen.»

«Ein gutes Leben gelebt»

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«Urwalddoktor» Walter Munz aus Arbon
Legende: «Urwalddoktor» Walter Munz aus Arbon Walter Munz hat das weltberühmte Tropenspital in Lambarene nach Albert Schweitzer in eine neue Ära geführt. KEYSTONE/Urs Flueeler

Nach seiner Rückkehr in die Schweiz 1969 wurde Walter Munz Vater von drei Töchtern und arbeitete als Chirurg am Spital Wil. Die letzten Jahre vor seiner Pensionierung wagte er nochmals einen Neuanfang: Er nahm eine Stelle bei den Solzalwerken von Pfarrer Sieber an. Es war die Zeit der Zürcher Drogenszene.

Rückblickend sei sein Leben ein gutes gewesen, sagte der Thurgauer «Urwalddoktor» vor sieben Jahren im Schweizer Radio SRF : «Ich habe viel Glück gehabt im Leben – und jetzt bin ich noch immer zufrieden.»

Sein Chefarzt im Spital Rorschach habe ihm dieses Inserat in die Hand gedrückt – mit der Notiz darauf: «An Pater Munz». Er sei im Spital eben als Menschenfreund und Seelentröster bekannt gewesen. Seine Liebe zu den Menschen sei ihm in Afrika bei seiner Arbeit in Zentralafrika zugutegekommen.

Das Leben und Schaffen dieses Mannes, der in die Fussstapfen von Albert Schweitzer getreten ist, hat es dem Medizinhistoriker Hines Mabika angetan.

Die Hauptgasse des «Tropenspitals» in Lambarene mit der Sterilisationsstelle mit Kamin – fotografiert 1965.
Legende: Tropenspital bei Gabun in Zentralafrika Die Hauptgasse des Tropenspitals in Lambarene mit der Sterilisationsstelle (vorne links) mit Kamin – fotografiert 1965. Eric Bachmann Fotoarchiv

Mabika, der an der Universität Bern arbeitet, stammt selber aus Gabun, wo das berühmte Tropenspital noch heute steht und als weltweit anerkanntes medizinisches Forschung- und Behandlungszentrum geführt wird. Er hat die erste Biografie über Walter Munz geschrieben.

Munz wollte sein Idol kennenlernen

Für den 27-jährigen Chirurgen Walter Munz am Spital Rorschach war schnell klar: Er wollte auf das Zeitungsinserat von Albert Schweitzer antworten und sein Idol kennenlernen. 1961 war es dann so weit.

In Lambarene traf Walter Munz schwierigste medizinische Bedingungen an. Er habe operiert und dabei Geschwüre entfernt, Infektionen und Unfallopfer behandelt, sagte Munz in einem Radiobeitag von 2014. Auch Leprakranke habe er verarztet. Nicht nur medizinisch hat Afrika das Leben des Thurgauers Walter Munz geprägt. Auch seine spätere Frau – eine holländische Hebamme – lernte er im Spital kennen.

Schweitzer wählte Munz zum Nachfolger

Nach knapp drei Jahren kehrte Munz 1965 in die Schweiz zurück, um eine Assistenzstelle anzutreten. Doch der Aufenthalt war von kurzer Dauer: Bald erhielt er einen Brief von Albert Schweitzer – er spüre, schrieb dieser, dass seine Zeit zu Ende gehe, und bat Munz, sein Nachfolger zu werden. Munz nahm an.

Diese Bescheidenheit behielt er bis an sein Lebensende.
Autor: Hines Mabika Schweizer Medizinhistoriker

«Ich denke, dass Albert Schweitzer Munz gewählt hatte, weil er dessen tiefe Liebe für die Menschen in Gabun spürte», sagt Mabika. So wurde Walter Munz 1965 medizinischer Leiter des Spitals. Ein halbes Jahr später starb Albert Schweitzer. Dass dieser ihn so kurz vor dem Tod zu seinem Nachfolger bestimmt hatte, sei für Walter Munz nie ein Grund gewesen, überheblich zu werden, sagt sein Biograf Hines Mabika. Walter Munz sei ein bescheidener Mensch gewesen – bis an sein Lebensende.

Chefarzt und Diplomat in einer Person

Als Munz das Spital übernommen habe, sei die Situation schwierig gewesen, erzählt Mabika. Gebäude hätten saniert werden müssen, viele Mitarbeitende aus Europa hätten keine Lust mehr gehabt, ohne Albert Schweitzer weiterzumachen. Es habe damals nicht nur einen guten Chefarzt, sondern auch einen Diplomaten gebraucht.

1969 war dann die Zeit von Walter Munz als Chef des «Dschungelspitals» in Lambarene zu Ende. Zusammen mit seiner Frau, der holländischen Krankenschwester, kehrte er zurück in die Schweiz.

SRF 1, Regionaljournal Ostschweiz, 22.09.2021; 17:30 Uhr;

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