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Von den Behörden weggesperrt Einblick in dunkle Zeiten

Tausende Personen wurden bis in die 1980er-Jahre in der Schweiz «versorgt». Nun wird das dunkle Kapitel aufgearbeitet.

Die Unabhängige Expertenkommission (UEK), die die Geschichte der administrativen Versorgungen vor 1981 wissenschaftlich untersucht hat, hat den ersten von zehn Berichten vorgelegt.

Den Auftakt macht ein Porträtband. Er zeigt Schwarzweiss-Fotos von 60 Menschen, die eine administrative Versorgung erlebten. Die Texte verdeutlichen die einschneidenden individuellen Folgen dieser Zwangsmassnahmen. Die Ergebnisse der Untersuchung werden bis September in insgesamt zehn Publikationen veröffentlicht.

«Dunkle Geschichte der Schweiz»

«Diese dunkle Geschichte der Schweiz muss im Interesse der heute noch lebenden, betroffenen Personen aufgearbeitet werden», sagt der Präsident der UEK, Markus Notter. Ihre Biografien seien durch die Zwangsmassnahmen oftmals erheblich beeinflusst «und auch beschädigt» worden.

Ihn selbst hätten in den letzten vier Jahren persönliche Schicksale von Menschen stark beschäftigt, die durch diese staatlichen Zwangsmassnahmen betroffen gewesen seien.

Ebenso wichtig wie für die Betroffenen sei eine Aufarbeitung für die Gesellschaft: Begangenes Unrecht müsse bekannt sein und man müsse dazu stehen, so Notter weiter. «Sonst wird eine Gesellschaft manipulierbar – weil sie gewisse Dinge tabuisiert und so Schaden nimmt.» Deshalb versuche man jetzt, eine öffentliche Auseinandersetzung mit dem Thema in Gang zu bringen.

Wanderausstellung soll Diskussion anregen

Zu diesem Zweck macht noch bis am 3. Juni eine Wanderausstellung mit einem begehbaren Pavillon in zwölf Schweizer Städten Halt. In Bildern, Texten und Illustrationen werden dabei die involvierten Akteure vorgestellt und die Motive, die hinter dieser Art von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen standen, erklärt. Mit Quellenmaterial werden dabei regionale Bezüge hergestellt.

Parallel zur Ausstellung finden an jedem Halt verschiedene Veranstaltungen statt, wie etwa Filmvorführungen, Vorträge, Diskussionen sowie Führungen durch die Räumlichkeiten ehemaliger Anstalten. Erster Halt der Ausstellung ist Bern.

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Vermittlung in den Schulen

Das Thema soll auch in den Schulen vermittelt werden. Ziel sei es, damit «einen Beitrag zur nachhaltigen Rehabilitierung der betroffenen Personen» zu leisten, hiess es vor den Medien. Die Pädagogische Hochschule Bern hat dazu in Zusammenarbeit mit der UEK vier Ideensets für Lehrpersonen geschaffen.

Die aus neun Historikern und Experten aus den Bereichen Psychiatrie, Recht und Sozialwissenschaften bestehende UEK wurde im November 2014 vom Bundesrat eingesetzt. Das Ziel war es, die Geschichte der administrativen Versorgungen und damit das begangene Unrecht erstmals umfassend und gesamtschweizerisch aufzuarbeiten. Der Fokus der Arbeiten liegt auf der Zeit von 1930 bis 1981.

Bis zu 25'000 Personen betroffen

2014 hiess es, dass in der Schweiz schätzungsweise 15'000 bis 25'000 Personen lebten, die von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen oder Fremdplatzierungen betroffen waren.

UEK fordert Fristverlängerung für Opfer

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Die Frist für Entschädigungsforderungen von ehemaligen «Verdingkindern» ist am 31. März 2018 abgelaufen. Die Expertenkommission UEK hat sich nun für eine Fristverlängerung ausgesprochen. Der Bundesrat war bislang dagegen, wie er zuletzt im Dezember auf einen Vorstoss des Basler SP-Nationalrates Beat Jans antwortete.

Unter administrativer Versorgung verstehen die Forschenden Massnahmen, die zu einem Freiheitsentzug in einer geschlossenen Anstalt führten. Die Menschen wurden nicht interniert, weil sie eine Straftat begangen hatten, sondern weil ihr Handeln und ihr Lebensstil aus Sicht der Behörden nicht den damaligen gesellschaftlichen Normen entsprachen.

Untersuchungsergebnisse in zehn Bänden

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Von Mai bis Juni wird die UEK acht weitere Bände mit Erkenntnissen ihrer Arbeit veröffentlichen. Band zwei enthält literarische Texte, Quellenbeispiele und Gespräche. In Band drei wird die Sozial- und Kulturgeschichte des Rechts zur administrativen Versorgung untersucht.

Der vierte Band arbeitet Verhörprotokolle, schriftliche Lebensgeschichten und Briefe internierter Personen auf. Band fünf enthält Interviews mit 58 Betroffenen. Der sechste Band liefert differenzierte Schätzungen darüber, wie viele Personen betroffen waren.

Der siebte Band untersucht die Behördenpraxis anhand von Fallbeispielen in vier Kantonen. Band acht zeigt die Praxis und Umsetzung in den Anstalten anhand verschiedener Fallbeispiele. Mit einem Quellenband wird die Publikationsreihe abgerundet. Im September wird sodann der Synthesebericht mit Empfehlungen an den Bundesrat publiziert. Dieser dürfte auf besonderes Interesse stossen.

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