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Vor 30 Jahren verurteilt Verurteilter Kindermörder Werner Ferrari kommt kaum noch frei

Der mehrfache Kindermörder wurde vor genau drei Jahrzehnten verurteilt. Seither hat sich einiges verändert.

Werner Ferrari sorgte in den 80er-Jahren in der Schweiz für Angst und Schrecken. Elf brutale Kindermorde beschäftigten damals die Nation. 1995 wurde er für fünf Morde zu lebenslanger Haft verurteilt.

30 Jahre liegt der Gerichtsprozess in Baden AG nun zurück. Und in Ferraris Fall könnte die lebenslange Strafe wirklich die Länge seines Lebens bedeuten.

Ferrari: Kindermorde in den 80er-Jahren

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Im Gericht
Legende: Werner Ferrari gestand einen Teil der Morde, andere stritt er ab. Das Bezirksgericht Baden verurteilte ihn wegen fünffachen Mordes zu lebenslanger Haft. Keystone/Walter Bieri

«Immer wieder, vor allem samstags, verschwanden Kinder», so beschrieb SRF die Fälle, die die Schweiz in den 80er-Jahren bewegten. Die Morde passierten nach dem immer gleichen Muster. Werner Ferrari lockte Kinder von Festen weg, missbrauchte einige und erdrosselte oder erwürgte sie.

1971 beging Ferrari seinen ersten Mord in Reinach BL. Er entführte einen 10-Jährigen an einem Dorffest und erwürgte ihn. Er wurde zu 12 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Nach total sechs Jahren wurde er 1979 vorzeitig entlassen.

Kinder vom Dorffest weggelockt

1983 erdrosselte Ferrari einen 10-Jährigen, 1985 lockte er einen 6-Jährigen in Rümlang ZH vom Dorffest weg und erwürgte ihn. 1987 lockte er einen 10-Jährigen vom Jungscharfest in Windisch AG weg und erdrosselte ihn.

Das letzte Opfer war Fabienne Imhof. Die damals 9-Jährige verschwand 1989 von der Chilbi an ihrem Wohnort Hägendorf SO. Später wurde sie tot im Wald aufgefunden. Ihre Eltern sagten im DOK-Film von SRF, dass sie bis heute trauern.

Werner Ferrari konnten nicht alle Morde zur Last gelegt werden. Er wurde 1995 vom Bezirksgericht Baden wegen fünffachen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Ferrari sitzt seit Jahrzehnten in der Justizvollzugsanstalt in Lenzburg AG. «Lebenslänglich kann tatsächlich lebenslänglich bedeuten», erklärt Pascal Payllier, Leiter des Aargauer Justizvollzugs.

Gefängnis von aussen
Legende: Die Justizvollzugsanstalt Lenzburg (JVA) mit dem historischen Gebäude und dem Hochsicherheitstrakt. Hier gibt es auch eine «Altersabteilung» für ältere Häftlinge. Keystone/Steffen Schmidt

Zwar erhält Werner Ferrari jedes Jahr die Chance, freizukommen. Bisher hiess es immer, es wäre zu gefährlich, ihn freizulassen. Die Rückfallgefahr sei zu hoch, befand die zuständige Fachkommission der Aargauer Justiz.

Eltern leiden ein Leben lang

Auch für die Eltern der Opfer bedeuten die Taten lebenslänglich - ein lebenslanges Leiden. «Verarbeiten kann man es nicht», sagt Psychotherapeutin Melanie Bitterli. Sie selbst betreut junge Opfer und ihre Eltern.

Verarbeiten kann man das als Eltern nicht.
Autor: Melanie Bitterli Psychotherapeutin

Die Eltern würden sich oft Vorwürfe machen, dass sie ihr Kind nicht schützen konnten, sagt die Fachfrau.

Polizei ist sensibler als früher

Auch die Gesellschaft würde den Eltern, früher wie heute, oft eine Mitschuld geben, ist die Traumaforscherin der Ostschweizer Fachhochschule, Rahel Bachem, überzeugt. In den letzten Jahren habe sich aber auch einiges verbessert. Man habe etwa bessere Behandlungsmethoden.

Zudem sei zum Beispiel auch die Polizei besser geschult als noch vor 30 Jahren. «Es geht für Polizistinnen und Polizisten nicht nur darum, den Tatbestand aufzunehmen. Es geht darum, dass auch sehr viele psychologische Bedürfnisse da sind.» Zudem habe man unterdessen Care-Teams.

Auch in der Justiz hat sich in den letzten 30 Jahren viel geändert. So hat das Schweizer Stimmvolk etwa 2024 die Verwahrungsinitiative angenommen. Die Initiative verlangt, dass nicht therapierbare und extrem gefährliche Straftäter ein Leben lang eingesperrt werden können.

Portrait
Legende: Werner Ferrari wird 2003 ans Aargauer Obergericht gebracht. In gewissen Fällen revidierte er seine Aussagen oder verlangte neue Verhandlungen. Deshalb kam es zu weiteren Gerichtsvefahren. Keystone/Walter Bieri

Die Eltern des letzten Ferrari-Opfers hatten die Initiative unterstützt. Damit sollen besonders gefährliche Täter lebenslang hinter Gittern bleiben. Bisher passiert dies aber selten, weil es für einen solchen Entscheid zwei Gutachten braucht, die einen Täter oder eine Täterin auf Jahre hinaus als «untherapierbar» einstufen. Es sei extrem schwierig, eine Prognose auf Jahre hinaus abzugeben, sagen Psychiater gegenüber SRF. 

Neue Fachkommission überprüft Freilassung

Bisher wurde in der Schweiz nur eine einzige Person lebenslang verwahrt, nämlich der sogenannte «Callgirl-Mörder von Märstetten TG» im Jahr 2008. Trotzdem hat sich in der Justiz seither einiges verändert.

Pascal Payiller, Leiter des Aargauer Justizvollzugs, sagt, dass die Sicherheit der Bevölkerung heute stärker gewichtet werde als die Resozialisierung eines Täters. Zudem gebe es auch eine neue Fachkommission, welche die Gefährlichkeit der Täter abklärt: «Man hat in den vergangenen Jahren auch bei den Instrumenten Fortschritte gemacht.»

Gerichtszeichnung
Legende: Werner Ferrari 2007 vor dem Bezirksgericht Baden. In einem Mordfall verlangte er eine Neuverhandlung. Keystone/Walter Bieri

Die Verwahrungsinitiative löste eine bessere Überprüfung von Tätern aus. Es ist je nach Fall somit schwieriger geworden, wieder aus dem Gefängnis freizukommen. So dürfte der des fünffachen Kindsmordes verurteilte Werner Ferrari seinen 80. Geburtstag nächstes Jahr erneut im Lenzburger Gefängnis verbringen.

Schweiz aktuell, 6.6.2025, 19 Uhr ; 

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