- Seit 2015 beratschlagt das Parlament, wie Whistleblower geschützt werden können und vorgehen müssen, damit sie sich nicht strafbar machen.
- Der Ständerat hatte eine Vorlage des Bundesrats gutgeheissen – der Nationalrat lehnte diese ab, sie sei zu kompliziert und würde die Arbeitnehmer gar nicht schützen.
- Der Nationalrat hat die Vorlage nun ein zweites Mal und damit endgültig abgelehnt.
Die grosse Kammer folgte damit der Nationalratskommission, die ihrem Rat empfohlen hatte, nicht einzutreten. Der Nationalrat lehnte die Vorlage mit 147 gegen 42 Stimmen schlussendlich deutlich ab. Damit bleibt das Dilemma für Whistleblower ungelöst.
Als Gründe für die Ablehnung führte der Nationalrat an, dass die Vorlage auch nach der Überarbeitung durch den Bundesrat noch zu komplex und für Arbeitnehmer nicht zu verstehen sei. Zudem lehnte eine Mehrheit ausser der FDP ein sogenanntes Kaskadensystem ab, das eine mehrstufige Vorgehensweise des Whistleblowers verlangt.
Fehlender Kündigungsschutz
Unter Beschuss stand die Vorlage auch wegen des fehlenden Kündigungsschutzes der Arbeitnehmer im Falle der Aufdeckung von Missständen. Justizministerin Karin Keller-Sutter stellte fest, es sei den Sozialpartnern nicht gelungen, eine Lösung zum Kündigungsschutz zu finden. Es sei die beste Vorlage, die der Bundesrat den Räten vorlegen könne, eine bessere sei nicht in Aussicht: «Das Bessere ist der Feind des Guten.»
SP-Nationalrätin Min Li Marti (ZH) sagte in der Eintrittsdebatte, dass selbst Whistleblower die Vorlage ablehnten. «Der Schutz verbessert sich dadurch nicht, in bestimmten Fällen kann er sich sogar verschlechtern.»
Eine direkte Meldung von Unregelmässigkeiten an die Öffentlichkeit wäre laut Vorlage verboten. Der Arbeitnehmer müsste sich stattdessen in einer Kaskade erst an den eigenen Arbeitgeber wenden, dann an eine Behörde, und erst wenn alles fruchtlos bleibt, dürfte der Weg an die Öffentlichkeit begangen werden. Ansonsten verletze der Arbeitnehmer seine Treuepflicht. Daran störte sich auch Sibel Arslan von den Grünen (BS). Die Vorlage regle nicht den Schutz der Whistleblower und sei vor allem für Kleinunternehmen nicht umsetzbar.
Die Vorlage will das Whistleblowing regeln und nicht den Schutz des Whistleblowers.
Nur eine Minderheit hatte sich dafür eingesetzt, wie der Ständerat für die Vorlage zu stimmen. «Was soll daran kompliziert sein?», fragte Philipp Bregy (CVP/VS) im Hinblick auf die Kaskaden-Lösung.
Fehlende Hoffnung auf bessere Lösung
Wie grossmehrheitlich Mitte-Links lehnte auch die SVP die Vorlage ab. SVP-Nationalrat Pirmin Schwander (SZ) sah keinen Nutzen in der Vorlage: «Wir wollen nicht regeln, dass wir doch nichts geregelt haben.» Sie würden schon sehr lange nach einer Lösung suchen und er bezweifle leider, dass sie eine bessere finden würden. Doch diese Lösung bringe den Mitarbeitern gar nichts.
Schutz bleibt Frage der Gerichte
Was rechtens ist und was nicht, entscheiden also weiterhin die Gerichte – für potenzielle Whistleblower ein unkalkulierbares Risiko. Viele Whistleblower zahlten in der Vergangenheit ihr Engagement mit der Entlassung und einer strafrechtlichen Verurteilung. Dies, obwohl die Leaks der vergangenen Jahre zeigten, dass ein Gang an die Öffentlichkeit durchaus im Interesse der Gesellschaft sein kann.