Über viereinhalb Tausend Personen kandidieren für den Nationalrat. 90 Prozent von ihnen ohne realistische Chance, am 20. Oktober tatsächlich gewählt zu werden. Einer davon ist Peter Eberhart. Der 64-jährige Drogist aus dem Simmental ist ein erfahrener Politiker. Jetzt will er für «Die Unabhängigen» in die Bundespolitik – eine Mini-Partei ohne Wahlchancen.
«Die Industrie hat lieber kranke Leute»
Das Gesundheitssystem sei schwer krank, diagnostiziert der ehemalige Grossrat, der für SVP und BDP 11 Jahre lang im Berner Kantonsparlament sass: «Wir reden nicht vom Gesundheitswesen, sondern von Krankenversicherungen und vom Krankheitswesen. Die Industrie hat lieber kranke Leute, das ist rentabel.»
Den Beruf vertreten ist ok. Aber von Dritten gesponserte Zusatzmandate dürfen nicht sein.
Milliardenkosten für unnötige Operationen, wenig Unterstützung für Gesundheitsvorsorge und vor allem ein viel zu grosser Einfluss von gut bezahlten Lobbyisten: «Die Abhängigkeit von Dritten, die Seilschaften und die Verbundenheit von der Verwaltung zur Politik sind dermassen eng und blockieren Lösungen.»
Eberhart selber präsidierte zwar auch lange Jahre den kantonalen Drogistenverband, aber manchmal würden Politiker gleich mehrere Interessengruppen vertreten: Krankenkassen und Spitäler, die Pharmaindustrie und die Ärzteschaft: «Den Beruf vertreten ist ok. Aber von Dritten gesponserte Zusatzmandate dürfen nicht sein.»
Mehr Transparenz und keine bezahlten Mehrfach-Mandate mehr, fordern deshalb «Die Unabhängigen» – eine Gruppierung, die Eberhart nach seiner Abwahl aus dem Grossen Rat mitbegründet hat und die jetzt in den Kantonen Bern und Aargau zur Nationalratswahl antritt.
Berühmtes Vorbild
Sämtliche Politbeobachter sagen seiner Partei Null Prozent Wahlchancen voraus, nur die «Unabhängigen» selber wollen das nicht wahrhaben. Eberhart träumt von einem bis zwei Sitzen und erinnert an eine einst ziemlich erfolgreiche Gruppierung mit ähnlichem Namen: «Vor Jahren gab es den Landesring der Unabhängigen mit bis zu zehn Prozent Wähleranteil. Vielleicht sind wir einmal deren Nachfolgepartei.»
Es kann aber sehr gut sein, dass wir eine Initiative gegen Lobbyismus lancieren werden.
Der Landesring hatte allerdings mit der Migros ein potentes und populäres Unternehmen im Rücken. Die Unabhängigen haben nicht viel mehr als ihre Überzeugungen und was diese ihren Mitgliedern wert sind: «Ich habe 35'000 Franken investiert, vielleicht kommt noch etwas dazu. Zusätzlich haben wir viel Zeit investiert.»
Initiative ist möglich
In der jüngeren Geschichte der Schweiz sind zahllose politische Gruppierungen neu gegründet worden und meist schnell wieder verschwunden. In einer respektablen Grösse langfristig überlebt haben nur die Grünen.
Dabei wären die Kernforderungen der «Unabhängigen» nach mehr Transparenz und weniger Lobbyismus durchaus populär. Das zeigen erfolgreiche Initiativen auf Kantons- und Bundesebene. «Wir wollen nun vorerst bei den Wahlen antreten. Es kann aber sehr gut sein, dass wir eine Initiative gegen Lobbyismus lancieren werden», so Eberhart.
Zuerst machen sich «die Unabhängigen» aus Bern jetzt aber auf Richtung Parlament – so wie auch «die Guten» aus Zürich, «die Lösungsorientierten» aus dem Aargau, «Piu Donne» im Tessin, «die Parteifreien» in St. Gallen, und und und.