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Politologe Lukas Golder: «Das ist wirklich historisch»
Aus News-Clip vom 20.10.2019.
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Grüne und GLP legen zu Klimadebatte wird nicht so einfach verstummen

Kurz und schnurz: Die Schweiz ist grün. Die WählerInnen haben heute einen tatsächlich historischen Urnengang hingelegt. Die Grünen kommen national auf 13 Prozent (Hochrechnung), ein Plus von 5.9 Prozent. Die Grünliberalen steigern sich auf 7.6 Prozent (Plus 3 Prozent).

Die Klimastreik-Bewegung ist fulminant im Parlament angekommen. Eine Grassroots-Bewegung, wohlgemerkt, weder von den Grünen erfunden noch von sonst einer Partei. Losgetreten von Jugendlichen, die nun tatsächlich die Schweizer Parteienlandschaft ziemlich durcheinandergebracht haben.

Gemischte Gefühle bei der SP

Das haben sich die Parteigänger der SP so sicher nicht vorgestellt: Die Umweltpolitik ist die grosse Gewinnerin dieser Wahlen – ausgerechnet aber die SP, welche sich seit Mitte der 70er-Jahre für die Umwelt politisch stark macht, die überraschende Verliererin.

Nach der aktuellen Hochrechnung von 18 Uhr verliert die Partei schweizweit 2.3 Prozent. In Zürich zwei, vielleicht sogar drei Sitze. Die SP sackt im grössten Kanton um 5.3 auf 16.1 Prozent ab. Auf der Haben-Seite können die Genossinnen und Genossen aber auch Sitzgewinne verzeichnen, auffallend vor allem der zweite Sitz im Bündnerland, wo der Hoffnungsträgen Jon Pult von der SP in Bern sehnlichst erwartet wird.

Grüne sind zeitgemäss

Aber die SP kann so kaum zufrieden sein: Seit über 20 Jahren geht sie Hand in Hand mit den Grünen in die nationalen Wahlen, hat den «Juniorpartner» stets portiert und pfleglich behandelt. Jetzt muss sie merken, dass die Grünen einfach besser in die Zeit passen.

Die Grünen schaffen einen Rekord und können mehr neue Sitze dazugewinnen als die SVP 1999, nämlich 16 (neu: 27). Dass der Juniorpartner nun selber ein Zugpferd ist und in der Wählergunst aus dem Schatten der SP heraustritt, daran müssen sich die Sozialdemokraten zuerst gewöhnen und sich dann fragen, was das für ihre künftige Strategie heissen soll.

GLP fischt im Becken der FDP

Auch strategische Fragen stellen sich für die FDP: Die Parteispitze ist überzeugt, dass sich der Schwenk Richtung einer grüneren Klimapolitik gelohnt hat. Das mag für die Zukunft stimmen, in diesen Wahlen aber hat sich das noch nicht niedergeschlagen: Minus 0.9 Prozent.

Für die FDP wird und ist die GLP ein Problem, welche vor allem in städtischen Gebieten stark ist, bei gut Gebildeten, bei umweltsensiblen Liberalen, selbst bei einer eher vermögenden WählerInnenschaft. Die GLP fischt im Becken der FDP und das erfolgreich.

Thema verschwindet nicht

Einen verhaltenen Sieg holte CVP-Präsident Gerhard Pfister. Obwohl seine Partei von den Grünen überholt wird, kann die CVP leicht zulegen und hat im Ständerat noch immer eine klare Macht. Vor allem aber wird die CVP als Vermittler zwischen Links und Rechts wieder wichtiger, denn die BDP, welche ihr diesen Platz dann und wann streitig machen konnte, verliert ihre Fraktionsstärke und wird langsam auf nationaler Ebene bedeutungslos.

Und die SVP? Sie taucht: Elf Sitze weniger, aber immer noch die mit Abstand grösste Partei. Ihr Trost: Sie hat mit ihrem rechtsbürgerlichen Kurs weiterhin ein klares Alleinstellungsmerkmal. Die deutliche Klimawahl aber wird wohl auch der Parteiführung der SVP zu denken geben.

Denn das Thema verschwindet nicht.

Michael Perricone

Michael Perricone

Chef vom Dienst, SRF Newsroom

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Michael Perricone ist Chef vom Dienst in SRF Newsroom und gibt am Medienausbildungszentrum MAZ einen Kurs für Journalistinnen und Journalisten zum Umgang mit PR. Er hat 2011 als Leiter Ressort Politik bei der «Blick»-Gruppe gearbeitet.

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58 Kommentare

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  • Kommentar von Gerd Schlehuber  (Frank Tauber)
    Eine bedenkliche Wahlbeteiligung von knapp 45 %. Anderswo gehen Menschen wegen mehr Demokratie auf die Strasse, hier bleibt über die Hälfte daheim. Fühlen sich die Nichtwähler von der Politik nicht vertreten oder geht es ihnen einfach zu gut?
  • Kommentar von René Baron  (René Baron)
    Wer versteht, wie wenig z.B. Argentinien mangels finanzieller Ressourcen für das Klima tun kann, sollte auch verstehen, dass wir primär eine gute Wirtschaft brauchen, um die Kosten für den Klimawandel zu stemmen. Dass auch die Grünen diesbezüglich wenig Konkretes umsetzen werden (wer will denn schon die Wähler mit Verzicht vergraulen), ist genauso wahrscheinlich wie die Tatsache, dass die meisten Grünen von Wirtschaft wenig konkrete und in der Praxis belegte Ahnung haben.
    1. Antwort von Konrad Schläpfer  (Koni)
      Die Grünen profitieren von der florierenden Wirtschaft, die wiederum dank der Zuwanderung und der Bauwirtschaft boomt. Der,dem es gut geht ist eher bereit ein paar Abstriche zu machen.
    2. Antwort von Arno Zingg  (Arno Zingg)
      Liebe Herren Baron und Schläpfer, falls es Ihnen entgangen sein sollte: Wirtschaft und grün ist in keinster Weise ein Widerspruch. Beispiel Lebensmittelbereich: 2018 war der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln über 3 Mia CHF. Rund 1/6 der Nutzfläche wird biologisch bebaut.
      Auch in anderen Bereichen wie Verkehr oder Energie wird seit Jahren viel investiert - und auch Geld verdient.
      Grün heisst auch nicht Verzicht, in einem nachhaltig gebauten Haus muss niemand frieren, kalt duschen oder verzichten.
  • Kommentar von Martin Marbacher  (Marmar)
    Die Klimadebatte wird nicht verstummen, aber auch Migration aus fremden Kulturen wird uns als Thema erhalten bleiben, obwohl letztere im Wahlkampf kaum eine Rolle spielte, was sich aber schnell wieder ändern kann. Dass es keine grössere Partei gibt, die sich pointiert sowohl für Umweltschutz als auch gegen eine exzessive Zuwanderung aus fremden Kulturen und ihren negativen Folgen einsetzt, machte eine Wahlentscheidung für Viele schwierig und erklärt teilweise die relativ geringe Wahlbeteiligung.