Die Geschichte der BDP beginnt am 12. Dezember 2007 – mit einem politischen Coup: «Sensation bei den Bundesratswahlen», setzte das «Rendez-vous» von Radio SRF damals ein:
Ein historischer Moment. Ursula Haller erinnert sich, sie sass im Saal, damals noch als SVP-Nationalrätin: «Ich habe nicht gejubelt. Mir war bewusst: Es ist etwas passiert. Auch in der SVP – und das mit Folgen.»
Dann ging es Schlag auf Schlag: das Ultimatum der SVP an Widmer-Schlumpf, das Amt abzulehnen oder aus der Partei auzutreten. Dann die Solidaritätsdemonstration auf dem Bundesplatz. Der Parteiausschluss von Widmer-Schlumpf und der gesamten Bündner SVP-Sektion. Die geheimen Treffen der Dissidenten. Schliesslich: das Auseinanderbrechen der Berner SVP. Die Geburtswehen der BDP waren heftig.
Haller sagt: «Es war eine dramatische Zeit. Es gab niemanden, dem das nicht nahe ging.» Die Thunerin gehörte zu den BDP-Gründern. «Wir waren keine Spaltpilze. Wir haben eine neue Partei gegründet und in Kauf genommen, dass die nächsten Wahlen unser Ende bedeuten könnten.»
Doch nach dem Rausch kam die Realität: Die Partei hatte Mühe, ihre Rolle zu finden – die Abgrenzung von der SVP alleine reichte als Existenzgrund nicht aus. Die BDP positionierte sich als wertkonservative, aber aufgeschlossene Partei – mit dem Bekenntnis zum Atomausstieg, den Bilateralen und der Personenfreizügigkeit.
Bloss: Darauf hatte niemand gewartet. Diese Themen waren bereits von anderen Parteien besetzt. Es fehlte ein Parteiprogramm, das die BDP einzigartig machte.
Und: Zehn Tage später trat Widmer-Schlumpf als Bundesrätin zurück – zwar sagte sie damals zweckoptimistisch: «Ich sehe das als Chance für die Partei.» Doch ohne Bundesrätin wurde alles viel schwieriger. Es gab viel weniger mediale Aufmerksamkeit und keine direkte Verbindung mehr in den Bundesrat.
Doch das Schlimmste sei der Relevanzverlust, sagt der BDP-Präsident Martin Landolt heute: «Wir haben unsere Rolle als Zünglein an der Waage verloren. Es war plötzlich möglich, ohne uns eine Mitte-rechts-Mehrheit zu machen. Und selbst mit uns waren Mitte-links-Mehrheiten nicht mehr gegeben.»
Zudem rächt es sich jetzt, dass die Partei quasi top-down gestartet war: mit gleich zwei Bundesräten. Nämlich nicht nur mit Widmer-Schlumpf, sondern auch mit dem ebenfalls zur BDP übergetretenen Samuel Schmid. Zuerst ohne Fraktion und ohne breite Basis in den Kantonen.
Ich glaube, wir werden nach den Wahlen im Herbst weder euphorisch feiern, noch am Boden zerstört sein.
«Wir haben die Basisarbeit nicht gut genug gemacht», blickt Landolt selbstkritisch zurück. Und dort, wo dies gelungen sei, habe man sich nicht breiter aufgestellt und das Erfolgsrezept vervielfacht. Die BDP wuchs nicht, sie verlor: 2015 war sie noch in zehn Kantonen im Parlament vertreten. Jetzt ist sie es nur noch in der Hälfte. Zudem zieht sich die Gründergeneration langsam zurück – und vielerorts fehlt der Nachwuchs.
Das Wahlziel: Halten, durchhalten.
Das sind schlechte Vorzeichen zwei Monate vor den nationalen Wahlen. Kommt dazu, dass die BDP gleich mehrere der sieben Nationalratssitze verlieren könnte.
Über den schlimmstmöglichen Fall – den Verlust der Fraktionsstärke – möge er gar nicht nachdenken, das sei verschwendete Zeit, denn der werde nicht eintreten, sagt Landolt: «Ich glaube, wir werden weder euphorisch feiern, noch am Boden zerstört sein.» Stattdessen werde man dankbar und demütig zur Kenntnis nehmen, dass man die sieben Nationalratssitze und den Ständeratssitz verteidigt habe.