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Wahlkampf: Analog und digital Hat das Wahlplakat bald ausgedient?

Die Mehrheit der Parteien setzt auf Plakate. Die CVP, Grünen und GLP gehen neue Wege – im Internet und auf Bildschirmen.

Ganz traditionell reissen SP-Präsident Christian Levrat und die Kampagnenleiterin der Partei, Nadine Masshardt, heute Morgen in Bern ein schwarzes Tuch von einer Holzvorrichtung. Zum Vorschein kommt ein Plakat mit Zugschienen, die in zwei Richtungen führen. Symbolisch für den Richtungswechsel von einem rechts-bürgerlichen hin zu einem links-grünen Parlament, den die SP den Wählern nun schweizweit von Plakatwänden aus schmackhaft machen will.

Zwei Tage zuvor präsentierte bereits die SVP ihre Plakatkampagne. Ein Apfel zersetzt von Würmern, die in den Farben der anderen Parteien kriechen. Symbolisch für jene, welche aus Sicht der SVP die Schweizer Demokratie aushöhlen und verenden lassen.

Leben nicht nur im Netz

Die zwei wählerstärksten Parteien der Schweiz kleben trotz fortschreitender Digitalisierung auch im Jahr 2019 noch grosszügig Wahlplakate. Die SP investiert 300'000 Franken ihres 1,5 Millionen teuren Wahlkampfbudgets in Plakate. Noch mehr gibt die SVP für das schweizweite Plakatieren mit ihrem Wurm-Plakat aus.

Wenn die Leute ihre Augen vom Bildschirm heben, dann stehen sie auf der Strasse mit Mitmenschen.
Autor: Christian Levrat Präsident der Sozialdemokratischen Partei

Das Leben spiele eben nicht nur im Netz, sagt Levrat. «Wenn die Leute ihre Augen vom Bildschirm heben, dann stehen sie auf der Strasse mit Mitmenschen. Und all das, was den Kontakt von Menschen fördert, muss von uns unterstützt werden.» Auch die BDP und die FDP investieren im nationalen Wahlkampf in Plakate.

CVP, Grüne und Grünliberale verzichten

Neue Wege geht hingegen die CVP. Sie verzichtet auf das nationale Aushängen von Plakaten. Aus Parteikreisen ist die Rede von Kosteneinsparungen.

Erstmals wird dafür mehr in den digitalen Wahlkampf investiert. Das Plakatieren überlässt die CVP den kantonalen Parteien, die mit eigenen Slogans auf Plakaten werben dürfen.

Wir setzen unsere beschränkten Ressourcen gezielt animiert im Internet und auf Bildschirmen im öffentlichen Raum ein.
Autor: Michael Köpfli Generalsekretär der Grünliberalen

Gleich gehen die Grünen und die GLP in den Wahlkampf. Auch die GLP begründet die Kursänderung mit Kosteneinsparungen. Als vergleichsweise kleinere Partei mit einem geringeren Budget hätten sie sich entschieden zu fokussieren.

«Wir setzen unsere beschränkten Ressourcen gezielt animiert im Internet und auf Bildschirmen im öffentlichen Raum ein», erklärt GLP Generalsekretär Michael Köpfli gegenüber SRF.

Hundertjährige Tradition

Das Wahlplakat als nationaler Werbeträger nutzten die Parteien in der Schweiz erstmals 1919 bei der ersten Proporzwahl im Nationalrat. Seither ist es ein fester Bestandteil nationaler Kampagnen.

Nun verzichten gleich drei Parteien darauf. Der Anfang vom Ende des traditionellen Wahlplakats? Nein, sagt der Berner Kampagnen-Spezialist Mark Balsiger. Das Plakat sei der Klassiker schlechthin im Schweizer Wahlkampf, und werde es auch bleiben. «In der kommerziellen Werbung ist die Nachfrage nach Plakat- und Aussenwerbung in den letzten zehn Jahren stetig gestiegen. Der Umsatz ist um 25 Prozent gewachsen. Und was für die kommerzielle Werbung gilt und funktioniert, das funktioniert auch in der politischen Werbung», erklärt Mark Balsiger.

So wird man ihm also weiterhin begegnen in der Schweiz. In den nächsten Wochen wieder öfter - dem traditionellen Wahlplakat.

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