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Erste nationale Hochrechnung Der SVP-Sieg überstrahlt alles

Die SVP egalisiert beinahe ihren Rekord. Die Grünen stürzen ab und reissen das gesamte linke Lager ins Minus.

Heute scheint nicht nur die Sonne über der Schweiz, auch das «SVP-Sünneli» strahlt heller als bisher. Dass die SVP zulegt, überrascht niemanden. Dass sie aber ihr Rekordergebnis von 2015, damals mitten in der Migrationskrise, fast egalisiert: Das ist bemerkenswert.

Erklären lässt sich der Grosserfolg mit der Themenlage. Die Zuwanderung ist auf dem Sorgenbarometer im Verlauf des Wahljahres nach oben geklettert, befeuert von hohen Asylzahlen, einer hitzigen Migrationsdebatte in ganz Europa und zuletzt wohl auch den Unsicherheiten nach der Eskalation in Nahost. Die SVP hat das im Wahlkampf routiniert-provokativ in Wähleranteile umzunutzen vermocht.

Vor vier Jahren zeigte sich klar: In ländlichen, konservativeren Gemeinden gingen verhältnismässig weniger Leute wählen als in städtischen, linkeren Regionen. Kurz: Viele rechte Wählerinnen und Wähler blieben damals zu Hause. Das dürfte diesmal anders gewesen sein.

Ob vor oder hinter der FDP: Mitte feiert Erfolg

Bei allen Ausrufezeichen um den hohen SVP-Wähleranteil: Zur rechten Revolution kommt es nicht. Das lässt das Schweizer Politsystem mit eher kleinen Wahlkreisen und Listenverbindungen auch kaum zu. Vor allem aber schwächelt im rechten Lager die FDP. Die erste nationale Hochrechnung von 16 Uhr sieht sie sogar hauchdünn hinter der Mitte-Partei.

Bleibt es dabei, schreibt die Mitte-Partei Geschichte – und muss sich die Frage stellen, ob sie das Resultat nutzen möchte, um der FDP den zweiten Bundesratssitz strittig zu machen. Doch selbst wenn die Mitte wieder hinter die Freisinnigen zurückfällt, ist das ein Erfolg für das Fusionsprodukt aus CVP und BDP. Bei Fusionen nämlich ergibt 1 + 1 nicht immer 2 – eher resultieren Verluste.

Mitte-Präsident und -Chefstratege Gerhard Pfister hat es innert kürzester Zeit geschafft, eine neue Marke zu etablieren. Er hat in der Neutralitätsfrage zum Beispiel seiner Partei ungewohnt Profil verliehen. Aber er ging und geht in sozialen Fragen mit einem Mitte-Links-Kurs, der von seinen eigenen Ständeräten nie richtig mitgetragen wurde.

Grüne steigen in Nationalliga B ab

Dann sind da noch die grossen Verlierer: die Grünen. Sie sinken laut Hochrechnung unter die psychologisch wichtige 10-Prozent-Marke. Bleibt es dabei, dürfte das für dieses Jahr das vorzeitige Aus der grünen Bundesratsträume bedeuten.

Die Grünen können sich nicht auf Augenhöhe von SP, Mitte und FDP etablieren und verlieren flächendeckend. Das hat mit der Themenlage zu tun, die entweder ihren sozialdemokratischen Partnern zupass kommt (Krankenkassen) oder der politischen Gegenseite (Zuwanderung). Auch die Klimakleber dürften geschadet haben.

Kritische Fragen müssen sich aber auch die Grünen selbst stellen: Im Bundeshaus sind sie als wenig machtbewusst aufgefallen, selbst in Umweltthemen war häufig die SP «spielbestimmend». Das dürfte auch linken Wählenden aufgefallen sein. Laut dem SRG-Wahlbarometer spielten viele frühere Grünen-Wählenden mit dem Gedanken, zur SP «überzulaufen». Dieser Effekt dürfte zu den Gewinnen der SP geführt haben. Doch die Freude bei der SP dürfte getrübt sein: Ihre Wählergewinne können die Verluste der Grünen mit Abstand nicht ausgleichen.

Auch wenn für die Politik am Schluss die Sitzzahlen und nicht die Wähleranteile entscheiden: Die Schweiz rückt nach rechts. Die Linke ist geschwächt. Und in der Mitte heben sich Verluste der Grünliberalen und Gewinne der Mitte-Partei fast auf.

Dominik Meier

Bundeshausredaktor

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Dominik Meier ist seit 2008 bei SRF. Nach Stationen bei der Radio-Inlandredaktion und der «Rundschau» arbeitet er seit 2022 im Bundeshaus-Team von Radio SRF.

Wahlstudio, 22.10.2023, 12:00 Uhr

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