Im Kanton Aargau war Monate vor den Wahlen die Befürchtung aufgekommen, dass die Regierung wieder eine reine Männerriege werden könnte. Denn die einzige Frau im Gremium, die Grüne Susanne Hochuli, hört per Ende Legislatur auf.
Vier Männer wurden im ersten Wahlgang am 23. Oktober bereits gewählt. Den fünften, noch freien Sitz wird nun aber garantiert eine Frau gewinnen. Drei Kandidatinnen liefern sich ein offenes Rennen.
Die Kandidatinnen:
- Die SVP will mit Gerichtspräsidentin Franziska Roth erstmals einen zweiten Sitz in der Regierung erobern.
- Die SP will mit Nationalrätin Yvonne Feri nach 31 Jahren wieder eine Doppelvertretung.
- Grossrätin Maya Bally von der BDP tritt auch zur Stichwahl an – obwohl ihre Partei und die anderen Mitteparteien bei den Grossratswahlen Verluste einfuhren.
Im ersten Wahlgang lag Franziska Roth knapp vor Yonne Feri: Die SVP-Kandidatin machte gut 470 Stimmen mehr als die Kandidatin der SP. Mit einem grösseren Abstand folgte Bally. Alle drei haben das absolute Mehr deutlich verpasst.
Die (bürgerliche) Mitte ist gespalten
Die FDP unterstützt offiziell die SVP-Kandidatin. Allerdings war dieser Entscheid am Parteitag heftig umstritten: Vor dem ersten Wahlgang noch hatten die Freisinnigen die SVP-Kandidatin ihrer fehlenden Erfahrung wegen als «unwählbar» betitelt. Das gute Resultat von Franziska Roth im ersten Wahlgang hat überrascht – inzwischen unterstützt man Roth vor allem deshalb, um den Erfolg von SP-Kandidatin Feri zu verhindern.
Die Grünen , die nach acht Jahren ihren Regierungssitz verloren haben, stellen sich hinter die SP-Kandidatin. Sie haben ihren eigenen Kandidaten Robert Obrist nach dem ersten Wahlgang aus dem Rennen genommen, um die Chancen für einen zweiten linken Sitz in der Regierung zu erhöhen.
Die CVP will bürgerlich wählen, gibt aber keine Empfehlung ab. Es ist aber ein offenes Geheimnis, dass innerhalb der Partei vor allem die BDP-Kandidatin viel Sympathie geniesst. Auch die CVP hat Vorbehalte gegenüber SVP-Frau Roth, weil dieser die politische Erfahrung fehle und sie sich im Wahlkampf vor allem bei Bildungsthemen sehr konservativ gezeigt habe.
Die kleinen Mitteparteien EVP und GLP empfehlen Maya Bally.
Das Rennen ist offen
Mehrere Faktoren machen eine Prognose fast unmöglich. So lag die Wahlbeteiligung in der ersten Runde bei nur 32,4 Prozent – das könnte am 27. November anders sein: Die Atomausstiegs-Initiative und vier kantonale Spar- und Entlastungsvorlagen kommen gleichzeitig zur Abstimmung.
Möglich ist, dass sich die Kandidatinnen von SVP und BDP die bürgerlichen Stimmen streitig machen. Die SP könnte also zur lachenden Dritten werden. Weil die BDP mitmischt, fallen die Stimmen der bürgerlichen Mitte indes nicht automatisch der SP zu. Das könnte wiederum der SVP helfen.
Egal, welche Frau gewählt wird, die Bürgerlichen verfügen über eine Mehrheit im Regierungsrat. Im ersten Wahlgang wurden Urs Hofmann (SP), Stephan Attiger (FDP) und Alex Hürzeler (SVP) klar wieder gewählt. Auf Anhieb den Sprung in den Regierungsrat schaffte Markus Dieth (CVP) als Nachfolger für den abtretenden Parteikollegen und Finanzdirektor Roland Brogli.