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Wahljahr 2019 «Der Trend geht klar von rechts nach links»

Mit dem Urnengang vom Wochenende im Tessin sind die letzten Wahlen in den Kantonen zu Ende gegangen. Jetzt stehen die Eidgenössischen Wahlen an. Am 20. Oktober wählen die Schweizer Bürgerinnen und Bürger die Vertreter im National- und Ständerat.

Was bedeuten die Resultate der kantonalen für die eidgenössischen Wahlen? Politgeograf Michael Hermann erklärt.

Michael Hermann

Politologe, Forschungsinstitut Sotomo

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Michael Hermann ist Geograf und Politikwissenschaftler. Er ist Leiter des Forschungsinstituts Sotomo, das die Umfrage zum SRF-Wahlbarometer durchgeführt hat.

SRF News: Wie ist Ihre Bilanz nach den kantonalen Wahlen in diesem Jahr? Welche Trends erkennen Sie?

Michael Hermann: Man sieht klare Trends, was eher ungewöhnlich ist für die Schweiz. Normalerweise gibt es Bewegungen innerhalb der Lager. Hier haben wir einen Trend, der klar von rechts nach links geht. Und dieser Trend hat sich in den letzten Monaten noch einmal verstärkt.

Wieso gewinnen die Grünen, warum verliert die SVP?

Schauen wir vier Jahre zurück: Damals herrschte ein komplett anderes thematisches Umfeld: Migration, Flüchtlingskrise, Südeuropakrise, Frankenschock. Das verunsicherte die Menschen. Das hat sich geändert. Erstmals seit langem herrscht ein Gefühl von Sicherheit und Stabilität vor. Das schafft Raum für Themen, die abstrakter sind, eine globale Perspektive haben, so wie das Klima.

Wie aussagekräftig ist nun diese kantonale Wahlbilanz für die eidgenössischen Wahlen?

Sie ist sicher ein wichtiger Indikator für den Herbst. Dies insbesondere darum, weil sich die wichtigsten Trends erst in den vergangenen Monaten so richtig aufgebaut haben, und wir hier schon eher langfristige Trends sehen. Aber man darf dies auch nicht eins zu eins nehmen. Vor vier Jahren waren beispielsweise die Freisinnigen die Sieger der kantonalen Wahlbilanz und haben dann bei den nationalen Wahlen nur noch mässig abgeschnitten. Weil die Flüchtlingsthematik plötzlich viel stärker das Themenfeld dominierte, konnte die SVP schliesslich davon profitieren.

Warum fand die sogenannte «grüne Welle» im Tessin nicht statt?

Wir haben schon im SRG-Wahlbarometer gesehen, dass die Klimathematik im Tessin viel weniger Gewicht hat als in der Deutschschweiz oder in der Romandie. Im Tessin steht noch immer die Grenzgänger- und Arbeitsthematik im Vordergrund. Und davon profitieren die Grünen weniger.

Grafik, wo man die Verluste der SVP und die Gewinne der Grünen erkennen kann.
Legende: Nach den kantonalen Wahlen präsentiert sich das Bild klar: Die die SVP verliert 1.8 Prozent. Einstecken müssen auch CVP und BDP. Leicht im Plus liegen FDP und SP. Stärker zugelegt haben die Grünliberalen mit einem Prozent. Grosse Gewinner: die Grünen – sie steigern ihren Wähleranteil um 1.9 Prozent. SRF

Und die grüne Welle hält bis in der Herbst?

Es kann noch Einiges passieren. Es gibt aber nicht viele andere Themen, und deshalb gehe ich davon aus, dass diese Thematik auch im Herbst noch tragen wird.

Das Gespräch führte Romana Kayser.

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