Vor Kurzem verschwanden erneut 25 Pappeln. Innert vier Tagen fällten Forstarbeiter die grossen, schlanken Bäume, die bis dahin die Kantonsstrasse zwischen Raron und Turtmann gesäumt hatten.
Was einst eine stolze Allee praktisch entlang der gesamten Kantonsstrasse im Oberwallis war, sieht heute eher kümmerlich aus. Geblieben sind von den hunderten Bäumen nur wenige Dutzend.
Der Vorher-Nachher-Vergleich
Seit rund 15 Jahren werden Jahr für Jahr jeweils mehrere Dutzend Bäume gefällt. Sie stehen sehr nahe an der Strasse, teils nur knapp einen halben Meter vom Strassenbord entfernt.
Gefahr für den Verkehr
Das sei eine Gefahr für die Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer, erklärt Silvio Summermatter. Er ist bei der Dienststelle für Mobilität zuständig für die Fällaktionen im Oberwallis: «Es fielen immer wieder Äste auf die Strasse. Damit war die Sicherheit nicht mehr gewährleistet. Zudem waren die Pappeln faul, mehrheitlich hohl und somit nicht mehr stabil.»
Fällaktion der Pappeln
Das Argument der Verkehrssicherheit ist zentral. Trotzdem kamen in den letzten Jahren immer mehr Fragen auf: Muss das so radikal sein? Immerhin sind diese Alleen historisch.
Widerstand regt sich
Nun regt sich auch in der Bevölkerung Widerstand. «Es haben sich mehrere Leute bei uns gemeldet, ob man da nichts dagegen unternehmen, oder zumindest wieder neue Pappeln pflanzen könne», sagt Peter Oggier, Geschäftsführer des Regionalen Naturparks Pfyn-Finges. Die meisten der heute noch bestehenden Pappel-Alleen befinden sich auf diesem Gebiet.
Auch Oggier hat Mühe, dass die Pappeln verschwinden. «Die Pappel-Alleen haben wir als einen der Werte angegeben, um das Label ‘Regionaler Naturpark’ zu bekommen. Wenn die jetzt verschwinden, haben wir Bund und Kanton etwas angegeben, das nicht mehr da ist.»
Von Napoleon befohlen
Die Pappel-Alleen im Wallis sind sehr alt. Sie gehen auf den Bau der ersten befestigten Strasse durch das ganze Kantonsgebiet in den Jahren 1810 bis 1820 zurück. Im Auftrag von Napoleon sollte so der kürzeste Weg zwischen Paris und Mailand über den Simplonpass erschlossen werden – wie es damals in Frankreich üblich war: links und rechts gesäumt mit Pappeln, bestätigt Architekturhistoriker Roland Flückiger. Mitte der Fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts musste die eine Seite der Pappel-Allee weichen – die Kantonsstrasse wurde verbreitert, der Verkehr nahm zu. Und seit mehreren Jahren werden auch die übrigen Pappeln gefällt.
Darüber, ob die heute noch bestehenden Pappeln morsch sind, weil sie alt sind, oder weil sie falsch behandelt wurden, streiten sich die Experten. Mitte der Neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts beschloss die zuständige Dienststelle des Kantons Wallis, dass die noch bestehenden Pappeln zurückgeschnitten werden. Sektionschef Silvio Summermatter: «Man hat damals versucht, das Risiko der herunterfallenden Äste zu minimieren, ohne den ganzen Baum zu fällen.»
Bloss, monieren Fachleute heute, seien diese Rückschnitte alles andere als fachmännisch gewesen. Zu grosse Schnitte, zu radikal seien die Pappeln geköpft worden. Damit öffne man Pilzen Tür und Tor, um in die Bäume einzudringen, sagt Baumpflege-Spezialist Melchior Kümin. Die Folge: Sie werden morsch.
Wie weiter?
Die übriggebliebenen Pappeln dürfen vorläufig stehen bleiben. Für Peter Oggier vom Regionalen Naturpark sei klar, dass nun die verschiedenen Dienststellen klären müssten, ob sie weiterhin auf absolute Sicherheit entlang der Kantonsstrasse setzen und damit auch die letzten Pappeln fällen wolle, oder ob adäquate Ersatzmassnahmen denkbar wären.