2.5 Kilometer vor dem Südportal hat die Oströhre ein Leck. Bis zu 100 Liter Wasser und Schlamm pro Sekunde schossen wiederholt von der Decke auf die Gleise. An einer Stelle, wo eine Karststruktur im Berg viel Wasser führt.
Nun sagt der Projektleiter von BLS Alptransit Stefan Irngartiner: «Dort hat man im Fels das Wasser in zwei Schläuche eingeleitet, die Abdichtungsfolie drübergelegt und das Ganze miteinander verschweisst». Und weiter: «Und genau an dieser Stelle glauben wir, dass durch den hohen Wasserdruck diese Schläuche kaputtgegangen sind und auch einen Schaden am Abdichtungssystem verursacht haben.»
Während des Baus habe die BLS Alptransit regelmässig Erkundungsbohrungen aus dem Tunnelfirst gemacht. Bei einer dieser Bohrungen stiess man auf eine Karstquelle. Um einen zu grossen Wasserdruck auf das Tunnelgewölbe zu verhindern, wurde die angebohrte Karstquelle nicht verschlossen, sondern über Ableitungen gefasst. Das funktionierte bisher problemlos.
An der Stelle, an der es zu Wasserienbrüchen kommt, ist der Fels mit Spritzbeton aufgefüllt. Dann folgt eine Drainage-Schicht. Darauf folgt eine wasserdichte Folie und die Innenschale aus Beton, das Tunnelgewölbe.
Die Ableitung des Wassers aus der Karstquelle erfolgt schliesslich über zwei Schläuche. An mindestens einer Stelle scheinen nun diese Schläuche und auch die Abdichtungsfolie leckgeschlagen zu sein.
Kritik an den Schläuchen
Heinz Ehrbar ist Tunnelbauspezialist und lehrt an der ETH Zürich. Der Bauingenieur hat Zweifel an der Konstruktion des Wasserableitungssystems. «Ich gehe davon aus, dass die Schläuche nicht auf 100 Jahre Lebensdauer ausgelegt sind.»
Alles andere habe man an der EMPA getestet, von den Schläuchen habe er das nie gehört. Die Abdichtungsfolie aber könne erst reissen, wenn es einen zweiten Mangel gebe, das müsse man abklären.
Laut BLS hat sich das Abdichtungskonzept des Lötschberg-Basistunnel bewährt und es gibt keine Hinweise auf Mängel der eingebauten Abdichtungssysteme. Man gehe von einer lokalen Schadstelle aus. Der Tunnel sei ausser an dieser Stelle auf seiner gesamten Länge tadellos.
Hat die BLS zu lange gewartet?
Die BLS hat die Wassereintrittsstelle mit einem Auffangkanal abgedeckt. Doch wie es hinter der Betonschale genau aussieht, ist auch der BLS nicht klar. Aufgrund eines natürlichen Ereignisses hätten sich die Fliesswege geändert und die Lockergesteins-Füllungen im Karst seien ausgespült worden, was dann zu den Schäden geführt habe.
Normalerweise würden Abdichtungsfolie und Rohre miteinander verschweisst, sagt BLS Projektleiter Irngartinger. «Das Problem ist aber, dass das alles hinter der Tunnelinnenschalung ist. Das heisst, wir sehen diese Stellen nicht.» Für die genauen Details müsste die Tunnelwand aufgebrochen werden. Tunnelexperte Ehrbar bemängelt, dass dafür bereits drei Monate Zeit gewesen wäre.
Der Tunnel und die Absetzbecken werden jetzt mit Kameras und Sensoren überwacht. Beim letzten Ereignis seien lediglich die Absetzbecken voll gewesen und hätten leergepumpt werden müssen. Die Sensoren hätten zuverlässig reagiert. «Ab diesem Herbst möchten wir eine zusätzliche Kaverne ausbrechen, seitlich neben dem Tunnel», sagt Irngartinger. So könne das Wasser in ein Absetzbecken neben dem Tunnel geleitet werden.
«Schwachpunkt im System»
Für Tunnelbauspezialist Ehrbar ist das die teuerste mögliche Lösung, sowohl vom Bau her als auch für den Betrieb. «Sie müssen einen solchen Entsander auch entsprechend warten und haben weiterhin einen Schwachpunkt im System.»
Die BLS hat mit diversen Experten verschiedene Sanierungsvarianten diskutiert. Die beste Variante sei die Schaffung einer zusätzlichen Kaverne. Diese Massnahmen würden jetzt projektiert, im Spätsommer soll das Plangenehmigungs-Dossier beim Bundesamt für Verkehr eingereicht werden. Im Idealfall könne dann im Herbst mit den mehrmonatigen Arbeiten begonnen werden.