Die Ausfuhr von Foltergütern soll durch das Foltergütergesetz unter bestimmten Bedingungen verboten werden. Doch was heisst das? Werden hierzulande etwa massenhaft eiserne Jungfrauen und Streckbetten produziert und exportiert? Jürgen Böhler-Royett Marcano, Ressortleiter Exportkontrolle Industriegüter beim Seco, erklärt, was es mit dem Foltergütergesetz auf sich hat.
Initiiert wurde die Gesetzgebung durch eine Motion von Nationalrat Pierre-Alain Fridez infolge der Proteste in Hongkong 2019, bei denen Schweizer Tränengaspistolen- und kanister gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt wurden, erklärt Böhler.
Nun versucht der Bundesrat, mit dem Foltergütergesetz einer Empfehlung des Europarats von 2021 nachzukommen. Die Vorlage stützt sich auf die EU-Anti-Folter-Verordnung.
Nur wenige Güter betroffen
Arzneimittel, Foltergeräte bis hin zu Waffen stehen auf der europäischen Foltergüter-Liste, die verboten oder zumindest unter Bewilligungspflicht gestellt werden sollen. Doch das Gesetz tangiere nur sehr wenige dieser Güter in der Schweiz, meint Böhler.
Wir beziehen uns bei der Gesetzgebung auf die europäische Foltergüter-Liste.
Grund dafür sei zum einen, dass beispielsweise Medikamente, die zur Vollstreckung von Todesstrafen genutzt werden könnten, bisher schon vom Heilmittelgesetz durch Swissmedic behandelt worden sind. Die Kriterien würden sich durch das Foltergütergesetz nicht wesentlich verändern.
Auch Foltergeräte wie Streckbetten oder Ähnliches seien laut Böhler kein Thema. «Wir beziehen uns bei der Gesetzgebung auf die europäische Foltergüter-Liste. Darin sind auch Güter aufgeführt, die per se einem Verbot unterliegen. Da sind uns keinerlei Exporte bekannt», so Böhler.
Zusätzliches Repressionskriterium
Weiter habe das Seco Abklärungen mit den Waffenbüros der einzelnen Kantonspolizeien durchgeführt. Diese hätten laut Böhler kaum Unternehmen feststellen können, die vom Foltergütergesetz betroffen wären. Ausnahmen seien sehr wenige Firmen im Bereich Reizstoffexport.
Reizstoffe seien bereits durch das Waffengesetz, das Kriegsmaterialgesetz oder durch das Güterkontrollgesetz erfasst. Was durch das Foltergütergesetz neu dazukäme, wäre ein spezifisches Verweigerungskriterium. Bei Verdacht auf potenziellen Missbrauch der Güter, beispielsweise zu Repressionszwecken im Ausland, könnte die Bewilligung für Exporte an die jeweiligen Akteure abgelehnt werden.
Amnesty International wünscht schärferes Gesetz
Amnesty International begrüsst, dass der Bundesrat gegen den Handel mit Foltergütern vorgehen will. Aus Sicht der NGO müsste der Gesetzesentwurf jedoch weiterreichen. So würden im Wesentlichen fünf Aspekte fehlen, die für eine konsequente Durchsetzung des Gesetzes ausschlaggebend seien, so der Mediensprecher von Amnesty Schweiz, Beat Gerber.
Zum einen fordert die NGO eine laufende Kontrolle und Anpassung der Güterlisten, wie auch eine Ausweitung des Gesetzes auf die Herstellung und Finanzierung solcher Güter. Weiter solle auch die Ausführung des Foltergütergesetzes gesetzlich verankert und Informationen der Internationalen und regionalen Menschenrechtsorganisationen berücksichtigt werden. Zudem müsse Transparenz über Exportanträge und verweigerte Genehmigungen garantiert werden, so Gerber.