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WEF-Kritiker im Dilemma «Trump und Davos stehen so ziemlich für das Gegenteil»

Über den geplanten Besuch des US-Präsidenten in Davos freuen sich nicht alle. Widerstand formiert sich derzeit aber auf sehr tiefem Niveau, sagt Oliver Classen von Public Eye.

SRF News: Wird es wegen Trumps Anwesenheit am WEF eine neue Anti-Globalisierungs-Bewegung wie vor 18 Jahren in Davos geben?

Oliver Classen: Es wird sich viel Protest direkt gegen die Person und das Programm von Donald Trump richten. Und es wird sicher auch wieder gegen Davos und das WEF als Institution demonstriert werden. Diese beiden Dinge aber unter einen Hut zu bringen, wird sehr schwierig. Denn Trump und Davos stehen inhaltlich für so ziemlich genau das Gegenteil. Nicht zuletzt deshalb wird es schwierig, dies in eine Bewegung zu fassen. Ich bin eher skeptisch.

Alle können sich eine Scheibe von Trump abschneiden und finden dort ihr Feindbild. Doch das Problem ist: Daraus wird noch keine soziale Bewegung. Im Jahr 2000 kam Bill Clinton als erster und einziger amtierender US-Präsident nach Davos, einige Monate nach den Protesten gegen die Welthandelsorganisation in Seattle. Diese waren der Startpunkt einer weltweiten, globalisierungskritischen Bewegung, die massive Konsequenzen hatte.

Die Umstände sind heute also andere als damals?

Ja, sie sind komplett und fundamental anders. Das fängt damit an, dass Trump nicht als Erfüllungsgehilfe der 1000 Weltkonzerne kommt, die sich dort versammeln. Im Gegenteil: Er kommt – zumindest oberflächlich – als einer ihrer schärfsten Kritiker. Das heisst, es ist ein «Clash of cultures» zu erwarten.

Die Vorzeichen sind also denkbar anders als damals. Auch die weltwirtschaftlichen Vorzeichen sind fundamental anders. Ich erinnere daran, dass vor 18 Jahren ein Legitimitäts-Diskurs geführt wurde, wo die Frage der Legitimität einer Welthandelsorganisation, einer Weltbank oder eines Währungsfonds gestellt wurde. Um all diese supranationalen Organisationen ging es damals im Kern. Das WEF rückte erst später in den Fokus. Davon ist heute überhaupt keine Rede mehr.

Alle können sich eine Scheibe von Trump abschneiden und finden ihr Feindbild. Doch daraus wird noch keine soziale Bewegung.

Trump ist für viele in Europa eine Reizfigur. Genügt das alleine nicht, um Gegner zusammenzutrommeln und Widerstand zu generieren?

Es ist sicher zu erwarten, dass es sichtbareren Widerstand auf der Strassen geben wird als in den vergangenen Jahren. Davon gehe ich aus. Mit einem Strohfeuer in Davos, an dem sich ein paar Leute wärmen können, ist der Sache aber nicht gedient. Es geht darum, diesen Widerstand zu organisieren, und um ein politisches Programm – oder Gegenprogramm in dem Fall. Und so eines fehlt im Moment.

Das Gespräch führte Rino Curti.

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