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Wegen der Pandemie Von der Streetparade zum Impfzentrum und wieder zurück

Die Schweiz versucht jetzt den Übergang von der besonderen Lage in eine neue Normalität. Ein Übergang – exemplarisch für die Biografie von Joel Meier.

Joel Meier ist ein Farbtupfer im Impfzentrum Uster. Während das medizinische Personal in den weissen Kitteln die wenigen Impfwilligen, die noch da sind, betreut, läuft er mit einem knallbunten Hemd durch die Halle – beschwingt von der Ankündigung des Bundesrats, dass fast alle Massnahmen aufgehoben werden. «Wir sind sehr dankbar, dass es jetzt so früh geschieht und uns Planungssicherheit gibt. Wir haben die letzten zwei Jahre sehr viel dafür gearbeitet, dass das jetzt möglich wird.»

Meier, Organisator der Streetparade, hat sich quasi selbst den Weg dafür geebnet, dieses Jahr, nach den Absagen im letzten und vorletzten Jahr, wieder die grösste Party der Schweiz vorbereiten zu können. Als die Pandemie die Schweiz erreichte, war ihm klar: Grossanlässe sind so schnell nicht mehr möglich. Also hat sich der 48-Jährige neu erfunden.

Blick ins ziemlich leere Impfzentrum Uster
Legende: Da die Streetparade zweimal ausfiel, musste sich Veranstaltungsprofi Joel Meier beruflich neu erfinden und steckte sein Wissen in den Betrieb des Impfzentrums Uster. SRF

Er bewarb sich als Leiter des Impfzentrums Uster und bekam den Zuschlag. Nach und nach kamen weitere Aufgaben dazu. Meiers Team baute das Impfdorf im Zürcher Hauptbahnhof auf, ein Impf-Pop-up in einem Einkaufszentrum, und er war unterwegs mit dem Impfbus, der durch den Kanton Zürich tingelte. All dies koordinierte er von seinem kleinen Büro im Impfzentrum Uster aus, wo auch eine Prise Rock'n'Roll an das alte Leben des Veranstalters, vor der Corona-Pandemie, erinnert.

Gegenseitige Bereicherung

Im Regal stehen Rum-Flaschen, überall verteilt liegen Zigarettenpackungen. Das habe ab und an zu Diskussionen geführt. «Da sind schon zwei Welten aufeinander geprallt», sagt Meier. Diese hätten sich aber gegenseitig bereichern können. «Ich behaupte jetzt mal, viele Mediziner sind lockerer geworden. Und umgekehrt haben auch wir sehr viel gelernt: Was Hygiene bedeutet, und auch, welche Gefahren von Infektionskrankheiten und anderen Dingen ausgehen können.»

Wenn Menschen, so weit das Auge reicht, an einem Ort sein können, dann werden wir alle begreifen, was die letzten zwei Jahre alles nicht möglich war und dass es jetzt hoffentlich wieder möglich sein wird.
Autor: Joel Meier Oragnisator der Streetparade und Impfzentrumsleiter

Diese Lehren kann Meier jetzt mitnehmen in sein neues, altes Leben. Die Arbeit im Impfzentrum nimmt ab, er ist nur noch halbtags hier. Daneben widmet er sich wieder seiner früheren Aufgabe. «Es war immer klar, wenn die Streetparade wieder stattfinden kann, dann haben wir die Pandemie überwunden», sagt er. «Wenn Menschen, so weit das Auge reicht, an einem Ort sein können, dann werden wir alle begreifen, was die letzten zwei Jahre alles nicht möglich war und dass es jetzt hoffentlich wieder möglich sein wird.»

Party statt Pandemie: Auf dieses Ziel hat Meier mit seinem Einsatz für die Impfkampagne hingearbeitet, damit er zurückkann in sein früheres Leben. Ein Leben mit der Streetparade.

Echo der Zeit, 17.02.2022, 18:00 Uhr

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