Hinter einer modernen Beton-Fassade im Kreis Fünf landet jede zweite Person, die im Kanton Zürich festgenommen wird. 4700 Verhaftete brachte die Stadtpolizei 2024 in dem neuen Gebäude am Mühleweg unter. Sie landen für eine kurze Haftzeit in einer der rund 20 Zellen.
Weil der Aufwand für die Betreuung der Festgenommenen unterschätzt wurde, holte die Polizei schon kurz nach der Eröffnung 2022 eine private Sicherheitsfirma dazu. Diese übernimmt inzwischen ein Drittel der Arbeiten, die im Haft-Alltag anfallen.
Nur Polizei soll Gefangene betreuen
Im Stadtparlament stösst das auf Kritik. Verhaftete Menschen befänden sich oft in Ausnahmesituationen, sagt Michael Schmid, Gemeinderat der Alternativen Liste (AL). «Der Staat kann eine hohe Qualität bei der Betreuung garantieren. Bei privaten Firmen ist diese Art von Kontrolle weniger möglich», sagt er.
Kein Problem mit dem Einsatz des privaten Sicherheitsdienstes am Mühleweg hat hingegen die GLP. Am Mühleweg gebe es nun einmal Personalnot, sagt Sven Sobernheim, GLP-Gemeinderat. «Nun müssen wir alles hineingeben, was wir haben und nicht dem Stadtrat vorschreiben, wie er dieses Problem zu lösen hat.»
Doch am Mittwochabend kürzt das Parlament das Budget für die privaten Sicherheitsleute so, dass die Stadtpolizei bis im Herbst 2025 ohne diese auskommen muss. Grüne und SP unterstützen einen entsprechenden Antrag der AL, gegen den Willen von GLP, SVP und FDP.
Unzählige Transportdienste
Gleichzeitig spricht das Stadtparlament der Polizei 10 zusätzliche Stellen für den Haftbetrieb am Mühleweg. Dass es diese Aufstockung braucht, hat alle Parteien überzeugt. Auch, weil nur polizeilich geschultes Personal die unzähligen Transportdienste übernehmen kann.
Auf Anfrage von SRF nennt die Stadtpolizei Zahlen. Rund 4500 Festgenommene brachte sie 2023 im Mühleweg unter. Und etwa 4300 Mal fuhr die Stadtpolizei 2023 hin und her, zwischen dem Hafttrakt Mühleweg und dem ebenfalls neuen Polizei- und Justizzentrum PJZ an der Hohlstrasse.
Dies, weil die Stadtpolizei den grössten Teil der Menschen, die sie festgenommen hat, beim PJZ an die Kantonspolizei übergibt. Und doch will die Stadtpolizei auf jeden Fall am eigenen Haftbetrieb am Mühleweg festhalten. «Dies erleichtert und beschleunigt Beweissicherungsmassnahmen wie die Spurensicherung und Befragungen», schreibt die Stadtpolizei auf Anfrage.
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Bild 1 von 4. In diesem Korridor sind die Arrestzellen untergebracht. Bildquelle: Bruno Augsburger/Zürich.
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Bild 2 von 4. Am Mühleweg wurde die Kriminalabteilung der Stadtpolizei Zürich unter einem Dach vereint. Bildquelle: Bruno Augsburger/Zürich.
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Bild 3 von 4. Der Betrieb im neuen Gebäude wurde Anfang 2022 nach knapp dreijähriger Bauzeit aufgenommen. Bildquelle: Bruno Augsburger/Zürich.
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Bild 4 von 4. Das neue Gebäude am Mühlweg befindet sich direkt beim SBB-Viadukt im Zürcher Kreis 5. Bildquelle: Bruno Augsburger/Zürich.
Die zuständige Stadträtin Karin Rykart zeigt sich nach der Debatte erleichtert darüber, dass die Stadtpolizei die Personalnot nun beheben kann. Wie es zur Fehlplanung kommen konnte, will sie anschauen. «Vielleicht werden wir feststellen, dass man zu wenig hingeschaut hat, dass man das unterschätzt hat», sagt sie.