- Wie wirken sich Pestizide und PFAS-Chemikalien auf unsere Gesundheit aus? Das wollte der Bund mit einer Langzeitstudie untersuchen.
- Hunderttausend Freiwillige hätten über Jahre Blut- und Urinproben abgeben sollen.
- Doch daraus wird nichts: Wegen des Spardrucks hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) die Studie gekippt.
Die «Schweizer Gesundheitsstudie» war gross angelegt: Hunderttausend Freiwillige im Alter zwischen 20 und 69 Jahren sollten mitmachen, repräsentativ zusammengestellt nach Alter, Geschlecht und Region. Während mindestens 20 Jahren hätten bei den Freiwilligen regelmässig Urin und Blut auf Pestizide, PFAS-Chemikalien, Schwermetalle und weitere Stoffe getestet werden sollen. Auch ihre Gesundheit, ihr Lebensstil und Umweltbelastungen in ihrer Wohnregion wären dokumentiert worden.
Die Erwartungen waren gross: «Wir erhoffen uns, Beziehungen herauszufinden zwischen den Krankheiten der Leute, ihrem Verhalten und möglicher Schadstoffbelastung», sagte Projektleiterin Natalie von Götz vom BAG Anfang letzten Jahres.
Studie hätte jährlich bis zu zwölf Millionen gekostet
Doch jetzt fällt die «Schweizer Gesundheitsstudie» dem Spardruck zum Opfer. Das BAG hat wegen der finanziellen Lage des Bundes entschieden, das Projekt nicht weiterzuverfolgen. Dies geht aus einer Antwort des Bundesrats auf einen Vorstoss aus dem Parlament hervor. Die Studie hätte laut BAG jährlich zehn bis zwölf Millionen Franken gekostet – bei einer Laufzeit von 20 Jahren wären also insgesamt bis zu 240 Millionen Franken angefallen.
Das BAG schreibt auf Anfrage, es habe geprüft, ob Dritte die Studie mitfinanzieren könnten. Doch das habe sich wegen der gesetzlichen Rahmenbedingungen als schwierig erwiesen.
«Eine grosse verpasste Chance»
Von einer grossen verpassten Chance spricht Carlo Largiadèr. Der assoziierte Professor für Pharmakogenetik an der Universität Bern gehörte zum vierköpfigen Leitungsteam bei der Pilotstudie für die «Schweizer Gesundheitsstudie». «Es kommen laufend neue Stoffe in den Umlauf, doch es fehlen Beobachtungsdaten. Die Daten der Gesundheitsstudie wären sehr wertvoll gewesen für Politik und Prävention», so Largiadèr.
Grüne wollen Entscheid umstossen
Kritik am Sparentscheid kommt von der Grünen-Gesundheitspolitikerin Manuela Weichelt: «Es stellt sich die Frage, was günstiger ist: Geld investieren in die Forschung, oder aber die Folgeschäden von Chemikalien über die Krankenkassenprämien bezahlen und Menschenleben frühzeitig verlieren», so die Nationalrätin. Die Grünen wollen im Parlament dafür kämpfen, dass Geld bereitgestellt wird. Die Wissenslücken seien zu gross.
Das sieht auch das BAG so. Wir seien ständig mit vielen Chemikalien in Kontakt, schreibt das BAG auf der immer noch aufgeschalteten Website der «Schweizer Gesundheitsstudie»: «[Wir] haben aber keine genauen Daten dazu, wie gross die Mengen im Körper sind und welchen Einfluss das auf unsere Gesundheit hat.»
Pilotstudie zeigte PFAS in allen Blutproben
Bei der Pilotstudie zur jetzt eingestellten Gesundheitsstudie hatten 789 Freiwillige aus den Kantonen Waadt und Bern mitgemacht – dabei waren PFAS-Chemikalien in sämtlichen Blutproben nachgewiesen worden. In 3.6 Prozent der Proben wurde ein für die Gesundheit relevanter Schwellenwert überschritten.
Die Erkenntnisse der Pilotstudie stünden allen zur Verfügung, schreibt das BAG – und ergänzt: «Leider wird dieses Wissen vorerst nicht durch Erkenntnisse ergänzt, die mit einer Langzeitstudie gewonnen werden könnten.»