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Wegen steigendem Bedürfnis Geburt ohne Ärzte: Spitäler setzen auf neuen Trend

Immer mehr Spitäler bieten Hebammengeburten an. Was steckt dahinter?

Die allermeisten Babys in der Schweiz kommen in einem Spital zur Welt. In der Regel ist dabei eine Ärztin oder ein Arzt anwesend. Immer häufiger kommt es jedoch vor, dass in Spitälern Hebammen die Geburt von A bis Z begleiten, ohne ärztliches Fachpersonal.

Was ist eine hebammengeleitete Geburt?

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Bei einer hebammengeleiteten Geburt leitet die Hebamme die Geburt selbstständig und eigenverantwortlich. Kurz vor der Geburt kommt eine zweite Hebamme hinzu.

Ärztliche Unterstützung gibt es nur dann, wenn die Hebamme dies anfordert, zum Beispiel zur Schmerzlinderung durch eine Periduralanästhesie (PDA). Das Ärzteteam ist stets in Bereitschaft, kann also bei Komplikationen schnell unterstützen.

Quelle: Schweizerischer Hebammenverband

In der Deutschschweiz haben in den letzten Jahren immer mehr Spitäler das Angebot der hebammengeleiteten Geburt eingeführt. So etwa das Kantonsspital Winterthur (2023), das Kantonsspital Luzern am Standort Sursee (Mai 2022) oder das Universitätsspital Basel (2020).

Im Kanton Zürich bieten seit Anfang 2023 sogar neun der elf Akutspitäler eine hebammengeleitete Geburtshilfe an. Dies, weil der Kanton Zürich als erster Kanton überhaupt die hebammengeleitete Geburtshilfe im Leistungsauftrag für die Spitäler verankert hat.

Auch das Spital Emmental am Standort Burgdorf bietet seit Juni 2022 eine hebammengeleitete Geburt an. Die Nachfrage nach einer Möglichkeit, in einem vertrauten Umfeld zu gebären und gleichzeitig die Sicherheit des Spitals zu haben, sei gross, so der Chefarzt Gynäkologie und Geburtshilfe, Matthias Scheidegger.

«Für eine natürliche Geburt ohne Risikofaktoren braucht es nicht fünf Personen, die eine Frau betreuen», so Scheidegger. «Es braucht vielmehr eine stimmige Atmosphäre und eine kompetente Bezugsperson.» Er sehe darin die Zukunft der Geburtshilfe.

Hebammen und Wissenschaft sagen «Ja, aber»

Dass Hebammen in Spitälern mehr Verantwortung übernehmen können, kommt beim Berufsverband gut an. «Es freut uns, wenn die Hebammenarbeit gestärkt wird», sagt Verena Piguet vom Berner Hebammenverband. Zugleich vermutet sie aber auch, dass die Spitäler dieses Angebot einführen, um Kosten zu sparen.

Neujahrsbabys: India Miranda, Gianna Malu und Johanna

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Familie mit Neugeborenem
Legende: Johanna erblickte am 1. Januar im Spital Wallis das Licht der Welt. ZVG/Spital Wallis

Das Jahr ist noch jung – und doch haben schon einige Babys das Licht der Welt erblickt. In den frühen Morgenstunden des Neujahrstages sind in mehreren Spitälern der Schweiz Kinder geboren worden.

Das erste Neujahrsbaby der Schweiz dürfte im Universitätsspital Basel nur 27 Minuten nach Mitternacht zur Welt gekommen sein. Das Mädchen hat den Namen India Miranda.

Das Luzerner Kantonsspital vermeldete die Geburt von Gianna Malu um 02.22 Uhr in der Nacht. Um 03.27 Uhr kam im Spital von Sitten eine Johanna zur Welt, um 04.03 Uhr im Stadtzürcher Triemlispital eine Thea.

Auch Dorothée Eichenberger zur Bonsen, Hebamme aus Baden (AG) und Präsidentin der Interessengemeinschaft nachhaltige Geburtshilfe, freut sich über diesen Trend. Wichtig sei aus ihrer Sicht, dass diese Art der Geburtshilfe an Spitälern in Leistungsaufträgen verankert werde, so wie im Kanton Zürich.

Spitäler betreiben mit der hebammengeleiteten Geburt Marketing.
Autor: Eva Cignacco Co-Leiterin Fachbereich Geburtshilfe Berner Fachhochschule

Skeptischer ist hingegen Eva Cignacco, Co-Leiterin des Fachbereichs Geburtshilfe an der Berner Fachhochschule. Das Konzept der Hebammengeburt sei natürlich begrüssenswert. Sie zweifelt allerdings daran, ob die Angebote in den Spitälern, die aus ihrer Sicht in den letzten Jahren «wie Pilze aus dem Boden geschossen seien», tatsächlich den Prinzipien einer hebammengeleiteten Geburt entsprechen.

«Der Personalschlüssel bleibt gleich, zudem wurden die Angebote bisher kaum evaluiert, das spricht für mich gegen einen Paradigmenwechsel in der Geburtshilfe in den Spitälern», sagt Cignacco. «Vielmehr betreiben Spitäler mit der hebammengeleiteten Geburt Marketing.»

Für Spitäler finanziell attraktiv?

Dass Spitäler mit hebammengeleiteten Geburten Kosten einsparen können, kann Daniel Surbek, Chefarzt der Berner Frauenklinik, nicht bestätigen. Die Frauenklinik hat das Angebot 2006 als erstes Spital schweizweit eingeführt. «Wir konnten bei der Hebammengeburt keine klare Kostenreduktion nachweisen.» Denn die Hebammengeburten seien in der normalen Geburtenstation integriert.

Wir konnten bei der Hebammengeburt keine klare Kostenreduktion nachweisen.
Autor: Daniel Surbek Chefarzt Frauenklinik Berner Inselspital

Ähnlich tönt es auch beim Spital Emmental. Die Investitionen für das im Spital integrierte Geburtshaus seien noch nicht gedeckt. «Mir geht es aber auch nicht primär um die Wirtschaftlichkeit», sagt Matthias Scheidegger, Chefarzt Gynäkologie und Geburtshilfe. «Meine Motivation ist es, dass Frauen auswählen können, auf welche Art sie gebären wollen.»

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 02.01.2024, 17:30 Uhr ; 

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