Zum Inhalt springen

Wegen Ukraine-Krieg Massenentlassung bei Jet Aviation in Basel

Die Wartungsfirma will bis zu 80 Angestellte auf die Strasse stellen, wie Recherchen von «Schweiz aktuell» zeigen. Als Grund gibt Jet Aviation die «schwerwiegenden Auswirkungen der Situation in Russland und der Ukraine» an.

Jet Aviation am Euroairport in Basel wartet Flugzeuge von reichen Leuten und baut diese zu Luxus-Jets aus – auch für russische Oligarchen. Doch genau diese Klientel kann das Unternehmen wegen der Sanktionen gegen Russland nicht mehr bedienen. Nun zeigt ein internes Papier, das SRF vorliegt, dass Jet Aviation eine Massenentlassung vorgenommen hat, bei der bis zu 80 Leute entlassen wurden. Jet Aviation gibt auf Anfrage keine Zahlen preis, sondern schreibt lediglich: «Der Einmarsch Russlands in die Ukraine hat schwerwiegende Auswirkungen auf unsere Geschäftsaktivitäten. Aus diesem Grund haben wir den Personalbestand an den erwarteten Rückgang des Geschäftsvolumens angepasst.»

Vor allem Grenzgänger betroffen

Jet Aviation beschäftigt rund 1000 Leute in Basel. Es sind mehrheitlich Grenzgänger und von diesen wiederum stammen die meisten aus Frankreich. Für die vom Abbau Betroffenen gebe es einen Sozialplan, der mit der internen Arbeitnehmervertretung ausgehandelt worden sei, schreibt die Firma.

Zuerst soll man einmal beweisen, dass die Massenentlassungen gerechtfertigt sind.
Autor: Jean-Luc Johaneck Präsident der Grenzgängervereinigung

Gar nicht einverstanden mit der Massenentlassung ist Jean-Luc Johaneck. Er ist Präsident der Grenzgängervereinigung CDTF und vertritt so 19'000 Grenzgängerinnen und Grenzgänger. Darunter sind auch solche, die jetzt von Jet Aviation entlassen wurden, und solche, die bereits 2020 entlassen wurden. Damals hat Jet Aviation bereits rund 200 Leute abgebaut, wegen Corona.

«Zuerst soll man einmal beweisen, dass die Massenentlassungen gerechtfertigt sind», ärgert sich Johaneck, der bezweifelt, dass alle Entlassungen wirklich nötig waren. «Wenn man zudem das Gefühl hat, dass man die Leute nach so vielen Jahren einfach auf die Strasse stellen kann, dann soll man diese nicht einfach wie Abfall behandeln.» 

Konkurrenz baut aus

Direkt neben Jet Aviation ist die Konkurrentin Amac Aerospace. Diese ist zwar auch von den Russland-Sanktionen betroffen, muss aber keine Leute abbauen, wie die Firma auf Anfrage erklärt. Und auch während Corona habe es bei der Amac keinen Stellenabbau gegeben. Vielmehr hat Amac noch einen weiteren Hangar in Basel gebaut.

Dass die Sanktionen am Euroairport Spuren hinterlassen, hat im März bereits SRF aufgedeckt. Sechs bis zehn russische Jets seien am Basler Flughafen gestrandet, hiess es damals, darunter eine Maschine, die dem Oligarchen Roman Abramovich zugeschrieben wird. Die Flugzeuge dürfen wegen der Sanktionen nicht gewartet oder sonstwie bearbeitet werden.

Das Bundesamt für Zivilluffahrt bestätigt am Donnerstag, dass diese Jets immer noch in Basel stehen. Ein Bazl-Sprecher allerdings erklärt auf Anfrage von SRF, dass sich hier bald eine Änderung ergeben könnte. «Die EU ist daran, eine Regelung auf die Beine zu stellen, die zumindest zulässt, dass der Wert von diesen Jets und auch die Lufttüchtigkeit erhalten bleiben kann.» Denn, wenn die Maschinen mehrere Monate nur herumstehen, könnten diese mit der Zeit nicht mehr abheben. Das wolle man damit verhindern.

Russischer Flieger durfte am Basler Flughafen landen

Box aufklappen Box zuklappen
Die russische Maschine vom Typ Iljuschin am 16. Juni 2021 nach dem Gipfeltreffen zwischen der USA und Russland in Genf.
Legende: Die russische Maschine vom Typ Iljuschin am 16. Juni 2021 nach dem Gipfeltreffen zwischen der USA und Russland in Genf. Reuters

Die Landung eines russischen Jets am Euroairport in Basel/Mulhouse hat am Mittwochabend für Aufregung gesorgt: Bei der gelandeten Maschine vom Typ Iljuschin 2-96-300 handelt es sich ausgerechnet um das Flugzeug der russischen Regierung, in dem auch Präsident Wladimir Putin transportiert wird, sagt Aviatikexpertin Marion Venus. Nach der Landung hat der russische Flieger den Euroairport um 23 Uhr wieder in Richtung Moskau verlassen.

Jet verfügte über Sonderbewilligung

Für russische Flieger ist der Schweizer Luftraum eigentlich aufgrund der Sanktionen gegen Russland gesperrt. Am Donnerstag aber bestätigt das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) gegenüber SRF, dass dieser Flieger eine Sonderbewilligung hatte und deshalb den Schweizer Luftraum passieren durfte. Das Bazl habe diese Sonderbewilligung erst bei der zweiten Anfrage gutgeheissen, die erste Anfrage der russischen Behörden wurde aufgrund der Ukraine-Konferenz in Lugano abgelehnt.

Dass der russische Flieger nun trotz Sperrung des Luftraums über die Schweiz fliegen durfte, sei keine Besonderheit. Hinter der Bearbeitung solcher Anfragen stecke ein etablierter Prozess, bei welchem jeweils die Bundesverwaltung darüber befinde, ob ein Antrag stattgegeben werde oder nicht, sagt Christian Schubert, Sprecher des Bazl.

Diplomaten in die Heimat geflogen

Grund für diesen Sonderflug waren russische Diplomatinnen und Diplomaten, die bis Ende März am Europarat in Strassburg tätig waren, und ihre Angehörigen, die am Mittwoch zurück nach Russland geholt wurden. Mit dem Austritt Russlands aus dem Europarat Ende März erübrigte sich ihr Engagement als russische Vertretung am Europarat.

Aus Kreisen des Europarats wurde am Donnerstag gegenüber SRF ausserdem bestätigt, dass am Mittwochabend auch eine Tafel, die bis anhin noch an der Fassade des Europaratsgebäudes hing, abgenommen wurde. Diese Tafel hatte auf die russische Vertretung am Europarat hingewiesen und ist mit dem Austritt Russlands obsolet geworden.

Ob Jet Aviation bei Inkrafttreten einer solchen Regelung allenfalls wieder Personal anstellt, ist unklar. Die Firma ist eher verschlossen und diskret – so wie ihr Geschäft mit den Jets.

SRF 1, Schweiz aktuell, 07.07.2022, 19:00 Uhr

Meistgelesene Artikel