Michaela Tschuor schaffte am Sonntag den Einzug in die fünfköpfige Luzerner Kantonsregierung souverän. Mit dem drittbesten Wahlresultat hinter zwei bisherigen Männern und als einzige der neu Kandidierenden bereits im ersten Wahlgang. Nach acht Jahren Männerherrschaft sind die Frauen damit wieder in der Luzerner Exekutive vertreten.
Ihre Wahl sieht sie als Auftrag: «Es gibt sehr viele Themen, sei es im Familien- oder Sozialbereich, bei welchen der weibliche Aspekt fehlt, und diesen möchte ich ganz konkret einbringen», sagte die 45-jährige Juristin und dreifache Mutter nach ihrer Wahl.
Acht neue Regierungsrätinnen in zwei Jahren
Mit Tschuor schafft bereits die achte Mitte-Frau innerhalb von zwei Jahren als neu Kandidierende den Sprung in eine kantonale Exekutive. Neben Luzern waren Kandidatinnen der Mitte auch in den Kantonen Zug, Waadt, Graubünden, Nidwalden, Obwalden, Bern und Solothurn erfolgreich.
Wir haben einen grossen Pool an Frauen, die jetzt bereit sind, auch Verantwortung in einer Regierung zu übernehmen.
Für Christina Bachmann-Roth, Präsidentin der Mitte-Frauen Schweiz, sind diese Wahlerfolge kein Zufall. «Alle Neugewählten sind keine Newcomerinnen, sondern haben sich schon vorher auf kommunaler oder kantonaler Ebene engagiert. Wir haben einen grossen Pool an Frauen, die jetzt bereit sind, auch Verantwortung in einer Regierung zu übernehmen.»
Die Erfolge seien auch die Früchte einer schon länger verfolgten Frauenförderung. «Die Mitte fördert Frauen aktiv. Unser Ziel ist es, in jedem Kanton eine Frauensektion zu gründen. Allein im letzten Jahr sind fünf dazugekommen.» In den Sektionen können sich Frauen vernetzen, an Kampagnen mitwirken oder bekommen auch mal ein Medientraining.
Das Werben um die Frauen zahlt sich bei den Mitgliedschaften aus. Von den rund 2400 Mitgliedern bei den Mitte-Frauen Schweiz kam ein Fünftel in den letzten zwölf Monaten dazu.
Unterschiedliche Frauenförderung bei den Parteien
Die Mitte stellt mit der Wahl am Sonntag neu schweizweit 13 Regierungsrätinnen, das entspricht bei 38 Mandaten einem Frauenanteil von 34.2 Prozent. Einen höheren Frauenanteil hat bei den grossen Parteien nur die SP, die fast 50 Prozent erreicht. FDP und SVP bringen es bei den kantonalen Exekutiven auf jeweils rund 20 Prozent.
Bei der Mitte ist es eine Langzeitstrategie, die Frauen systematisch aufzubauen.
Politanalyst Mark Balsiger nennt die unterschiedlichen Strategien bei der Frauenförderung als Grund, warum die Mitte deutlich besser abschneidet als FDP und SVP. «Bei der Mitte ist es eine Langzeitstrategie, die Frauen systematisch aufzubauen. Bei der SVP ist die Gleichstellung überhaupt kein Thema. Bei der FDP ist das Thema zwar präsent, aber wenn man mit freisinnigen Frauen spricht, dann sagen sie oft, dass der Rucksack wichtiger sei als das Geschlecht. Damit unterscheiden sie sich von linken Parteien.»
Stil der Mitte spricht Frauen an
Einen weiteren möglichen Grund ortet Christina Bachmann-Roth beim Politstil ihrer Partei. «Die Art, wie die Mitte politisiert, spricht Frauen an. Wir suchen Mehrheiten und arbeiten an Lösungen. Im Auftreten sind wir nicht polarisierend oder aggressiv, sondern argumentieren sachlich und hören zu.»
Den Schwung der kantonalen Erfolge möchte die Mitte nun auch bei den eidgenössischen Wahlen nutzen. Denn im eidgenössischen Parlament gibt es für die Mitte-Frauen viel Aufholpotenzial. Die Frauenquote soll deutlich erhöht werden, so das parteiinterne Ziel.