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Weihnachtseinkäufe observiert Grenzwächter observierten 2018 Weihnachtseinkäufe in Vorarlberg

Für ein Steak-Schnäppchen ins Ausland? 2018 wurden Schweizer Einkaufstouristen observiert. Jetzt kommen die Grenzwächter vor Gericht.

Die Aktion spielte sich in der Vorweihnachtszeit 2018 ab, ennet dem Rhein auf österreichischer Seite: Im Rahmen der Aktion «Megro» legten sich Schweizer Grenzwächter vor österreichischen Supermärkten auf die Lauer. Im Visier hatten sie: Einkaufstouristen aus der Schweiz.

Wer verdächtig viel Fleisch eingekauft hatte, wurde dem Grenzwachtposten gemeldet – und bei der Heimfahrt wie von Geisterhand zur Kontrolle herausgewunken. Laut Bundesanwaltschaft wurde so «eine Vielzahl» von Einkaufstouristen verzeigt. Genau rekonstruieren lässt sich die Zahl nicht mehr.

Aktion war unzulässig

Die Aktion hatte allerdings einen kleinen Schönheitsfehler: Sie war gar nicht erlaubt. Die Grenzwache darf im Ausland nur gemeinsam mit den dortigen Kolleginnen und Kollegen tätig werden. Und die hatten nur beschränkt Lust, gegen den Weihnachtsbummel in ihrer Gegend vorzugehen.

Zu wenig Personal, war die Rückmeldung der vorarlbergischen Landespolizeidirektion auf eine vorgängige Abklärung hin. Vom Einsatz abhalten liess sich die Grenzwache dadurch freilich nicht. Die zuständige Einsatzoffizierin genehmigte die Operation, wie die Verfahrensakten zeigen.

«Skurril und komplett unverhältnismässig»

Die Schweiz hat den Umgang mit Einkaufstouristinnen und -touristen zuletzt verschärft. Seit Anfang 2025 dürfen nur noch Waren bis zu einem Wert von 150 Franken zollfrei eingeführt werden. Davor lag die Grenze bei 300 Franken. In der Parlamentsdebatte war die Rede von fehlender Solidarität mit dem Schweizer Detailhandel.

Einkaufstourismus nimmt zu

Box aufklappen Box zuklappen

Der Einkaufstourimus nimmt trotz der neuen Zollfreigrenze weiter zu, und zwar sowohl online als auch stationär. Eine Studie der Universität St. Gallen zeigt, dass im laufenden Jahr Waren im Wert von 9.2 Milliarden Franken im Ausland gekauft werden – damit überschreitet der Einkaufstourismus erstmals das Niveau von vor der Pandemie. Für die Studie wurden 3'000 Konsumentinnen und Konsumenten befragt.

Die Studie zeigt ausserdem, dass die Schweizer Kundschaft den Preisvorteil im Ausland tendenziell deutlich überschätzt: Während die Befragten von einem Preisaufschlag von 66 Prozent in der Schweiz ausgehen, liegt dieser tatsächlich bei etwa 40 Prozent.

Nichts von der Grenzwache-Operation im Ausland hält die Stiftung Konsumentenschutz Schweiz SKS. «Das ist skurril und komplett unverhältnismässig», sagt Jan Liechti vom SKS. «Ich weiss nicht, wie man auf so eine Idee kommt.» Fleischschmuggel sei zwar durchaus ein Thema, problematisch seien aber der Schmuggel und Betrug über die Herkunft in grossem Stil – nicht Einzelpersonen.

Konsumentinnen und Konsumenten würden eben dort einkaufen, wo sie ihre Produkte günstig kaufen könnten, so Liechti. Das werde man auch mit tieferen Zollfreigrenzen und illegalen Observationen im Ausland nicht ändern können.

Auch die Grenzwächter flogen auf

Tatsächlich wurden 2018 in Vorarlberg nicht nur vorweihnächtliche Festmahl-Schmuggler ertappt – sondern auch die Ermittler selbst. Vor dem Supermarkt wurde einer von ihnen angesprochen und gefragt, warum er das Geschäft beobachte. So flog die Sache auf.

Nun entscheidet kommende Woche das Bundesstrafgericht über die Aktion «Megro». Die Bundesanwaltschaft hatte drei Offiziere der Grenzwache per Strafbefehl verurteilt, wegen «Verletzung fremder Gebietshoheit».

Verurteilt wurden sie zu bedingten Geldstrafen. Weil die drei sich wehrten, kommt es nächste Woche zur Verhandlung vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona.

Rückansicht einer Person in Grenzwache-Uniform neben einem weissen Auto.
Legende: Extraterritorial auf die Lauer gelegt – an der Grenze kontrolliert. Die Bundesanwaltschaft fordert eine Verurteilung. KEYSTONE / LAURENT DARBELLAY

Die Bundesanwaltschaft lässt bereits durchblicken, was sie von dieser sonderbaren Weihnachtsgeschichte hält: Für die Ermittlungen hat sie sich viel Zeit gelassen. Und sie hat angekündigt, sie werde an der Verhandlung in Bellinzona wohl gar nicht teilnehmen. Für die Ermittler scheint der Fall also klar zu sein – und auch nicht so wichtig.

Wirklich lohnen tun sich solche extraterritorialen Einsätze üblicherweise auch nicht: Beweise, die illegal erhoben werden, dürfen nicht verwendet werden, auch nicht gegen Supermarktkunden – wenn diese denn davon erfahren und sich rechtzeitig dagegen wehren.

Schweiz aktuell, 24.9.2025, 19 Uhr; sten

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