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Weinterrassen am Genfersee Die historischen Lavaux-Rebberge fordern die Waadtländer Politik

Seit 10 Jahren streitet das Kantonsparlament in Lausanne über die Gesetze zur Nutzung und zum Schutz der berühmten Weinbergterrassen des Lavaux am Genfersee. Immerhin stehen die Zeichen nun auf Konsens.

Im Waadtland ist ein beispielloser politischer Prozess losgegangen. Der Nutzungsplan für die Weinterrassen, genannt PAC Lavaux, beschäftigt die Waadtländer Politik seit über zehn Jahren. Es wird gestritten über Bewässerung, Bebauung, Bepflanzung und Bewirtung des Unesco-Welterbes.

Ein Blick auf Lavaux und seine terrassierten Weinberge in Herbstfarben am Ufer des Leman.
Legende: Mauern abreissen oder nicht? Die «Capites» nur als Gerätekammer nutzen oder auch für die Bewirtung? Fragen wie diese treiben die Waadtländer Regierung seit 10 Jahren um. Keystone/Jean-Christophe Bott (25.10.2021)

2014 sagten die Waadtländerinnen und Waadtländer Nein zur dritten Lavaux-Initiative des Landschaftsschützers Franz Weber – und Ja zum Gegenvorschlag der Waadtländer Regierung. Inzwischen ist eine Sonderkommission für die Ausarbeitung des Plans zuständig, geleitet von SP-Frau Muriel Thalmann. Seit über zwei Jahren arbeiten 17 Personen am Nutzungsplan, die Vorbereitungszeit ist dabei nicht eingerechnet.

Unübliche Vorgehensweise bei Nutzungsplan

Nutzungspläne werden in der Regel nicht von Kantonsparlamentarierinnen und -parlamentariern ausgearbeitet, sondern in Amtsstuben – von Profis. «Wir haben in der Sonderkommission viel Unterstützung der Departemente gebraucht», sagt Muriel Thalmann – zu Rechtsfragen, Formellem und zur Prozedur.

Die berühmten Rebberge befinden sich auf zehn Gemeinden. Doch diese hatten das Vertrauen in die Waadtländer Regierung verloren. Deshalb wurde die Ausarbeitung des Nutzungsplans dem Parlament übertragen.

Abgeordnete des Waadtländer Parlaments während einer Sitzung des Grossen Rates zum PAC Lavaux.
Legende: So manch ein Mitglied des Waadtländer Kantonsrats hätte in den letzten Jahren beim Blick aufs Lavaux wohl am liebsten die Flinte ins Korn geworfen. Keystone/Cyril Zingaro (05.03.2024)

Heute sagen die allermeisten zu diesem Vorgehen: «plus jamais» – nie wieder. So auch FDP-Regierungsrätin Christelle Luisier: «Das Vorgehen mag mit guter Absicht so gewählt worden sein», aber das würde man nicht noch einmal so machen.

Das Parlament muss die neuen Regeln fürs Lavaux nun Punkt für Punkt durchgehen. Zur grossen Erleichterung der Kommissionsleiterin Thalmann stehen die Zeichen auf Konsens – nach über 10 Jahren Streit ums Lavaux.

Aber am Ziel ist der Nutzungsplan noch lange nicht. Nach dem Reglement muss über das Gesetz abgestimmt werden. Alles wird dann nochmals öffentlich aufgelegt und es können nochmals Einsprachen gemacht werden. Und zu guter Letzt ist es dann auch noch möglich, dass die Lavaux-Frage vor das Kantons- oder gar Bundesgericht kommt. So kommen wohl mindestens noch zwei Weinjahrgänge aus dem Lavaux, bevor man auf den neuen Nutzungsplan anstossen kann.

Themen in der Regierung: Mauern abreissen, Wein ausschenken?

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Philippe Neyroud ist FDP-Kantonsrat, Weinbauer im Lavaux und Präsident der gemeindeübergreifenden Lavaux-Kommission. Er würde im Lavaux gerne einige Mauern abreissen. Damit die Winzer im Lavaux weiter Wein anbauen könnten, müssten die Weinberge maschinell bearbeitet werden können, sagt er.

Mit Bezug auf eine Studie erklärt er, dass nur drei Prozent der Mauern betroffen wären. Und das sei doch wirklich nicht viel. Aber Jahrhunderte alte, von Mönchen gebaute und von der Unesco prämierte Mauern fallen auch bei drei Prozent ins Gewicht.

Auch die «Capites» sind umkämpft. In den kleinen Häuschen im Lavaux dürfen heute nur Geräte gelagert werden. Aber die Winzer würden hier gerne auch ihren Wein anbieten.

Zu all dem äussern kann sich Philippe Neyroud derzeit nicht im Kantonsratssaal: Er wurde aus der Nutzungsplandebatte ausgeschlossen. Der Kantonsrat befand, dass seine privaten Interessen tangiert seien, und schickte ihn in Ausstand.

Rendez-vous, 06.03.2024, 12:30 Uhr;kesm

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