Seit letztem Sommer klagen Fahrschulen vermehrt über sinkende Zahlen. «In einigen Regionen ist die Entwicklung dramatisch», sagt Michael Gehrken von L-Drive, dem Schweizer Verband der Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer. «Gewisse Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer mussten sich eine Nebenbeschäftigung suchen oder ihren Beruf ganz aufgeben.»
Seit 2021 gilt neues Gesetz
Hauptgrund für die rückläufigen Schülerzahlen ist eine Gesetzesänderung von 2021. Seither kann der Lernfahrausweis bereits im Alter von 17 Jahren beantragt werden. Da die Autoprüfung aber nach wie vor ab 18 Jahren absolviert werden kann, sollte das Jahr bis dahin den Schülerinnen und Schülern mehr Fahrpraxis ermöglichen – das beabsichtigte der Bund mit der Gesetzesänderung.
Heute geht man nur noch in die Fahrschule als Prüfungsvorbereitung.
Dieser Plan sei nicht aufgegangen, beklagt Ravaldo Guerrini, der seit 36 Jahren eine Fahrschule in Rapperswil-Jona betreibt und Medienverantwortlicher des Ostschweizer Fahrlehrerverbandes ist. «Heute geht man nur noch in die Fahrschule als Prüfungsvorbereitung. Klar, dass wir viel weniger Arbeit haben.»
Kein Unterschied mehr zwischen Automat und Schaltung
Das Problem wird durch ein weiteres Gesetz verschärft. Seit 2019 dürfen Personen, welche die Autoprüfung mit einer automatischen Gangschaltung absolviert werden, auch handgeschaltete Autos fahren. Diese Personen übten eher im Umfeld mit einem Automaten statt beim Fahrlehrer in einem geschalteten Auto. «Das alleine hat uns Fahrlehrpersonen gut zehn Fahrstunden pro Schülerin oder Schüler gekostet», sagt Ravaldo Guerrini.
Etwas anders sieht es Bruno Schlegel, der Präsident des Bündner Fahrlehrerverbands. «In gewissen Gebieten gibt es zu viele Fahrschulen, die sich gegenseitig die Arbeit wegnehmen.» Ausserdem würden die Jungen heutzutage vermehrt den öffentlichen Verkehr nutzen und auf ein Auto verzichten.
Bund will Gesetze überprüfen
Bereits bei der Gesetzeseinführung kündigte der Bund an, nach drei Jahren über die Bücher gehen zu wollen. Das Bundesamt für Strassen (Astra) hat eine entsprechende Auswertung für das Jahr 2024 angekündigt.
Fahrlehrer Ravaldo Guerrini wünscht sich dann eine Gesetzesänderung: «Ohne Anpassung entwickelt sich der Job zum Nebenjob. Das dürfte sich auch auf die Qualität der Fahrschulen auswirken.» Der Schweizerische Verband der Fahrlehrpersonen sei bei der Auswertung des Bundes involviert, heisst es auf Anfrage. Man werde alle Bedenken seitens der Fahrschulen platzieren.