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Schweiz Wenn Journalisten im Regen stehen

Überschwemmungen treffen die Menschen vor Ort oftmals schwer. Journalisten versuchen, ein Bild der Lage zu vermitteln, sind aber nicht immer willkommene Gäste. Eine Gratwanderung zwischen Informationsbedürfnis und Voyeurismus.

Die Ausgangslage: Es regnet drei Tage ununterbrochen im Tessin. Der Lago Maggiore und einige Flüsse treten über die Ufer – Felder, Strassen, Häuser und Keller werden überschwemmt. Die Hochwasserlage ist dramatisch. Mitten drin die Journalisten, die versuchen, dem Zuschauer ein Bild der Gesamtlage zu vermitteln. Dabei begegnen sie nicht nur praktischen Problemen, wie SRF-Korrespondent Gianluca Galgani zu berichten weiss.

Ein langer Tag

«Zur Grundausrüstung gehören Gummistiefel, Regenjacke und Regenschirm – am besten in mehrfacher Ausführung, denn über Nacht trocknen die Sachen kaum.» Etwas Proviant gehört auch dazu, denn zum Essen bleibt wenig Zeit. Zudem sind die Tage oftmals lang. «Mehrmals muss ich die Ereignisse für die Sendungen 'Tagesschau', 'Schweiz aktuell' und '10vor10' in Schaltungen zusammenfassen. In der Zwischenzeit drehen wir gemeinsam mit dem Kameramann Aufnahmen für Beiträge», fasst der SRF-Korrespondent zusammen.

Nur die billige Kamera überlebte

Unter den Kollegen herrscht Solidarität. Habe jemand keine Regenjacke, so helfe man sich gegenseitig mit aus, sagt Galgani. Bei den nassen Verhältnissen leide auch die Technik. «Nach einem Tag hatten wir Wasser im Objektiv der Kamera und das Bild war ganz schummrig. Am Ende war die Kamera unbrauchbar.»

Dasselbe sei bei den Tessiner Kollegen passiert. Übriggeblieben sei nur eine alte, billig fabrizierte Kamera, mit der eigentlich niemand arbeiten wollte. «Am Schluss funktionierte nur noch diese Kamera. Wir haben sie uns gegenseitig ausgeliehen.»

«Geier, die sich am Unglück laben»

Dabei hat er als Reporter nicht nur mit nassen Füssen oder Kameras zu kämpfen. Bei der Berichterstattung in Unwettergebieten kommt es immer wieder zu negativen Erfahrungen. «Die Menschen sind sehr angespannt und dann kommt da noch ein Journalist, der seine Kamera auf ihr Unglück drauf hält.» Wolle man an Informationen kommen, sei Feingefühl ein wichtiger Faktor. Doch manchmal hätten die Leute einfach genug. In Locarno hätten ihm mehrere Anwohner gesagt: Lasst uns in Ruhe.

Man hat uns vorgeworfen, wir würden uns sowieso nur für das Tessin interessieren, weil dort viele Deutschschweizer Rustici besässen.
Autor: Gianluca Galgani SRF-Korrespondent

Galgani berichtet von einem besonders unangenehmen Ereignis, als sie den überfluteten Keller einer Villa filmen wollten. Die Feuerwehr habe ihnen die Erlaubnis erteilt, ebenso ein anwesender Anwohner. «Doch auf einmal tauchte der Hauswart auf und beschimpfte uns. Er wurde sogar fast handgreiflich. Der Mann wollte uns festhalten und drohte uns mit der Polizei. Er warf uns vor, nur negativ zu berichten und uns wie Geier am Unglück anderer Menschen zu laben. Am Ende liess er uns dann gehen.»

Gerade als Deutschschweizer Reporter rennt man im Tessin nicht nur offene Türen ein. «So war ein Chefbeamter nicht gerade erfreut, als wir ihn um Auskunft gebeten haben. Er hat uns vorgeworfen, wir würden uns sowieso nur für das Tessin interessieren, weil dort viele Deutschschweizer Rustici besässen.»

Beobachten und helfen

Journalisten haben insgesamt keinen besonders guten Ruf. Man erwartet von unbeteiligten Beobachtern keine Hilfe. Dennoch kommt sie vor. Als eine junge Mutter mit ihrem einjährigen Kind in Locarno Hilfe vom Zivilschutz erbittet und nichts geschieht, reagieren Gianluca Galgani und sein Kameramann. Sie folgen der Frau, deren Haus vom Wasser eingeschlossen ist und siehe da, auch der Zivilschutz schaltet sich ein. «Sie war so verzweifelt und wusste nicht, was sie tun sollte. Am Ende hat der Zivilschutz alle mit einem Schlauchboot evakuiert.»

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