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Wettbewerbe und Wir-Gefühl Spielerische Anreize zum Energiesparen haben Potential

Wie bringt man die Leute dazu, Strom und Gas zu sparen? Und welche Rolle spielt dabei die Diskussion um Weihnachtsbeleuchtungen? Für den Verhaltensforscher Andreas Nicklisch ist die Weihnachtsbeleuchtung ein heisses Eisen – und die Schweiz könnte experimentierfreudiger sein.

Dr. Prof. Andreas Nicklisch

Verhaltensökonom

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  • Dozent für Volkswirtschaftslehre und Statistik am Zentrum für wirtschaftspolitische Forschung der FH Graubünden
  • Professor an der Universität Frankfurt
  • Sein Fachgebiet ist die experimentelle und Verhaltensökonomie

SRF News: Die Politik versucht gerade, die Bevölkerung zum Sparen zu bewegen – beim Strom, beim Gas. Macht die Politik das gut?

Andreas Nicklisch: Es gab im Hinblick auf den Klimawandel immer Aufrufe, zu sparen. Seit Februar dieses Jahres leben wir in einer etwas anderen Welt. Zusammen mit der tagespolitischen Entwicklung kommen die Sparaufrufe bei den Leuten jetzt ganz anders an. Die Politik macht etwas schon sehr gut: Sie nimmt die Erfahrungen, die die Menschen gerade machen, wahr und versucht sie in eine gewisse Richtung zu lenken.

Gibt es aus Sicht der Forschung ein Rezept, wie man Menschen dazu bringt, etwas zu tun – in diesem Fall eben Strom und Gas zu sparen?

Es gibt kein Patentrezept. Was wir aber zum Beispiel wissen: Früher haben die Menschen in der Schweiz wenig auf finanzielle Anreize reagiert. Wenn wir jetzt den ÖV billiger machen würden, dann würde das relativ wenig bewirken. Es braucht andere Anreize. Man kann zum Beispiel versuchen, den Leuten das Gefühl zu geben, nicht alleine zu sein, sondern Teil einer grösseren Gruppe.

Das Wir-Gefühl stärken

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Andreas Nicklisch nennt ein Beispiel aus Grossbritannien. Dort wurden Bewohnerinnen und Bewohner eines Mehrfamilienhauses über ihren Warmwasserverbrauch informiert. Gleichzeitig wurde ihnen gezeigt, dass eine andere Siedlung in der Gegend weniger Warmwasser verbraucht. Das gab den Anreiz, selber auch weniger Warmwasser zu verbrauchen und so zu sparen.

Meine Vermutung ist, dass die Schweizer und Schweizerinnen jetzt deutlich preissensitiver sind als auch schon. Das heisst, eine Verbindung von monetären und nicht-monetären Anreizen würde sehr gut wirken.

Was entgegnen Sie der Argumentation, die Industrie sei viel entscheidender für das System als die Einzelperson?

Das Thema Vorbildfunktion ist natürlich ganz wichtig. Der schlimmste Fall wäre, wenn derjenige, der zum Energiesparen aufruft, mit seinem dicken Auto wegfährt. Die Vorbilder, die wir in unserer Gesellschaft haben, müssen sich ihrer Verantwortung bewusst werden. Unternehmen sind schon sehr sensibilisiert, was den Energieverbrauch angeht. Nicht nur aus Kosten-, sondern auch aus Imagegründen.

Bei den Weihnachtsbeleuchtungen gehen die Meinungen auseinander. Schaden Gemeinden dem Gemeinschaftsgefühl, wenn sie nicht ganz auf die Weihnachtsbeleuchtung verzichten?

Ich glaube, hier muss man den gesunden Menschenverstand walten lassen. Ich würde mich ganz klar dagegen aussprechen, die ganze Weihnachtsbeleuchtung abzustellen. Es gibt Phänomene, die beobachten wir zum Beispiel in den USA. Da wird aufgerufen, dass man Benzin sparen soll. Man macht das auf eine sehr direkte Weise und versucht, die Leute sehr stark in eine Ecke zu pressen. Und dann passiert die Gegenreaktion: Es gibt sogar Autos, die extra viel Russ ausstossen sollen. Und das ist natürlich eine völlige Verkehrung dessen, was man eigentlich erreichen möchte.

Ich würde mich ganz klar dagegen aussprechen, dass die ganze Weihnachtsbeleuchtung abgestellt wird.

Vielleicht könnte man überlegen, ob man sich auf eine, zwei wichtige Weihnachtsbeleuchtungen konzentriert. Mit brachialer Gewalt ranzugehen, ist sicherlich ein falscher Ansatz.

Wo gibt es aus Sicht der Forschung bei den Sparaufrufen noch Potenzial?

Die Schweizer Politik ist eine etwas konservativere Politik. Sie ist nicht sehr experimentierfreudig. In Grossbritannien gibt es eine nationale Agentur, die sich mit genau solchen Aufrufen und Mechanismen beschäftigt, die man nutzen kann, um Menschen und ihr Verhalten in eine gewisse Richtung zu lenken.

Mit spielerischen Anreizen das Verhalten lenken

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In den Pissoirs einer Herrentoilette in Zürich sind kleine Fliegen eingraviert. Genau diese Fliege versuche man als Mann zu treffen, sagt Andreas Nicklisch. Das habe den positiven Nebeneffekt, dass man auch das Pissoir treffe. Ein gutes Beispiel für einen spielerischen Anreiz, findet er.

Ich würde mir wünschen, dass die Schweizer Politik mit spielerischen Anreizen etwas experimentierfreudiger wäre.

Das Gespräch führte Annina Mathis.

Regionaljournal Ostschweiz, 22.09.2022, 17:30 Uhr ; 

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