Mehrere Kantone brauchen einen neuen Kantonsarzt oder eine Kantonsärztin. Im Aargau kündigte der Amtsinhaber bereits nach wenigen Monaten. Seine Vorgängerin wechselte nach knapp zwei Jahren in den Kanton Solothurn. Auch dort blieb sie nur eineinhalb Jahre.
Und gegen den kürzlich neu angestellten Solothurner Kantonsarzt läuft eine Untersuchung. Es ist unsicher, ob er die Stelle antritt. Warum lässt sich dieses Amt so schwer besetzen? Antwort gibt der Zuger Kantonsarzt Rudolf Hauri. Er ist Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte der Schweiz.
SRF News: Was macht ein Kantonsarzt oder eine Kantonsärztin eigentlich? Sind die Aufgaben in allen Kantonen gleich?
Rudolf Hauri: Ihre Tätigkeit basiert auf dem Epidemiengesetz. Das ist schweizweit gleich. Sie haben den Auftrag, sich bei der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten mit anderen Stellen zu koordinieren.
Ärztinnen und Ärzte sehen sich als unabhängig.
Es gibt allerdings grosse Unterschiede zwischen den Kantonen. Einige haben bei der Stelle auch die Aufsicht über Gesundheitsberufe oder die Spitäler und Pflegeinstitutionen angesiedelt. Teilweise gehören schulärztliche Aufgaben dazu oder Beratungen für die Politik, Prävention oder Sucht.
Es kann also ein spannender Job sein – es kann aber auch sein, dass man in der Verwaltung tätig ist und nationale Vorgaben umsetzt. Im Aargau sucht man schon länger jemanden, in Solothurn gab es auch Wechsel. Wieso ist es schwierig, die Stellen zu besetzen?
Ein Kantonsarzt ist nicht klassisch ärztlich tätig – es ist eine Stelle in der Verwaltung. Früher sagte man dazu Beamte. Man ist Teil einer Behörde. Das erzeugt eher Abneigung bei Ärztinnen und Ärzten. Sie sehen sich als unabhängig an. Bei der Behörde bringt man die gesundheitliche Sicht ein, muss aber auch ein politisches Flair haben. Denn schliesslich sind es Politikerinnen und Politiker, welche über diesen Stellen stehen.
Kann man daraus ableiten, dass das Amt der Kantonsärztin oder des Kantonsarztes in der Mediziner-Gilde nicht als Traumjob gilt?
Es ist bestimmt ein Amt, das nicht viele anstreben. Man macht dabei beispielsweise keine akademische Karriere. Wir stellen aber fest, dass es zunehmend Ärztinnen und Ärzte gibt, die Interesse an dieser Funktion haben. Sie sehen, dass sie in der Gesundheitspolitik zumindest mitmachen und so im Bereich der öffentlichen Gesundheit eine Rolle spielen können.
In Solothurn gibt es aktuell ein Hin und Her bei der Neubesetzung der Kantonsarzt-Stelle. Kann es sein, dass ein Kanton nicht so genau hinschaut bei den Dossiers, wenn es nur wenige Bewerbungen gibt?
Die Bewerbungen werden gut angeschaut. Es wird geprüft, ob jemand die fachlichen Voraussetzungen erfüllt. Dazu kommen die persönlichen Voraussetzungen. Aber es ist bestimmt nicht so, dass man mit Bewerbungen überhäuft wird.
Es ist bestimmt nicht so, dass man mit Bewerbungen überhäuft wird.
Wir arbeiten zusammen mit der Swiss School of Public Health (Stiftung der Schweizer Universitäten im Bereich der öffentlichen Gesundheit) an einem Lehrplan für den Facharzttitel «Prävention und Public Health». Idealerweise gelingt es uns dann, an einzelnen grösseren kantonsärztlichen Diensten Weiterbildungsstellen zu schaffen. Mit dieser Ausbildung wären wir noch interessanter.
Das Gespräch führte Stefan Ulrich.