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Streit um Herdenschutzhunde
Aus Schweiz aktuell vom 14.06.2018.
abspielen. Laufzeit 11 Minuten 46 Sekunden.
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Wie Herdenschutzhunde lernen «Positive Erfahrungen mit Menschen sind wichtig»

Im Urserntal (UR) schwelt ein Konflikt um den Herdenschutz – die Grundeigentümerin Korporation Ursern will Schutzhunde verbieten, weil sich Wanderer bedroht fühlten. Die richtige Ausbildung der Hunde ist wichtig, wie ein Besuch bei Hundezüchter Ueli Pfister zeigt.

«Los, zu den Schafen!» Mit einer Handbewegung schickt Hundezüchter Ueli Pfister den 13 Monate alten Rüden in Richtung Herde. Dieser läuft gemächlich zu den Tieren, beschnuppert sie, dann lässt er sich inmitten der Schafe nieder.

Ein Herdenschutzhund liegt inmitten einer Schafherde.
Legende: Der 13 Monate Rüde liegt inmitten der Schafherde. SRF

«Er hat das gut gemacht», sagt Pfister, «nun muss er die Verantwortung für die Herde übernehmen und bei ihr bleiben, auch wenn ich weggehe.» Solche Hunde, in diesem Fall ein Marremmano-Abruzzese-Schäferhund in Ausbildung, sind das Leben von Ueli Pfister. Der 57-jährige promovierte Zoologe züchtet Herdenschutzhunde und Schafe. Auf seinem abgelegenen Hof in Rüeggisberg (BE) leben derzeit sieben erwachsene Hunde und sieben Welpen.

In der Regel behält Pfister die Hunde bei sich, bis sie bereit sind für einen Einsatz auf einer Alp. Zuerst müssen die Tiere aber eine Prüfung ablegen – so schreibt es der Bund vor. Die Herdenschutzhunde müssen beweisen, dass sie ihre Schafe treu bewachen, fremde Tiere abwehren, auf Wanderer aber nicht übermässig aggressiv reagieren.

Als Experte im Auftrag des Bundes ist Ueli Pfister oft dabei, wenn Hunde aus andern Zuchten auf Herz und Nieren geprüft werden. Auf seinem Computer sind Dutzende von Filmen abgespeichert, die verschiedene Prüfungssituationen zeigen. So kommt etwa ein fremder Mann mit einem Hund direkt auf eine Schafherde zu. Je näher der fremde Hund kommt, desto heftiger reagiert die Herdenschutzhündin auf das fremde Tier. Sie bellt und zum Schluss schnappt sie sogar nach ihm. Hundehalter und Hund gehen daraufhin weg. «Das ist eine erwünschte Reaktion», sagt Ueli Pfister. «Die Hündin muss fremde Tiere nahe bei den Schafen konsequent abwehren. Und dann beruhigt sie sich und bleibt bei ihren Schafen.»

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Herdenschutzhündin reagiert richtig
Aus News-Clip vom 19.06.2018.
abspielen. Laufzeit 42 Sekunden.

Der Hund reagiere instinktiv gegen Konkurrenten, also gegen fremde Hunde oder auch gegen den Wolf. Die Herdenschutzhündin hat aber kein grundsätzliches Problem mit fremden Hunden: Bei einer Begegnung ausserhalb der Schafherde ist sie zum selben Hund äusserst freundlich.

Ein anderer Filmausschnitt zeigt einen Rüden, der 24 Stunden alleine mit seinen Schafen war. Da nähert sich ein ihm fremder Mann. Der Hund reagiert heftig, kommt auf den Mann zu und bellt furchteinflössend. «Diese Reaktion ist natürlich viel zu heftig», sagt Ueli Pfister dazu. «Der Hund sollte sich nicht 100 Meter von seinen Schafen entfernen und sich dann auch schneller wieder beruhigen.» Einen solchen Herdenschutzhund würde man nicht auf einer Alp einsetzen, die touristisch genutzt wird. Obwohl auch dieser Hund beweist, dass er nicht grundsätzlich aggressiv ist: Wenn weit und breit keine Schafe sichtbar sind, lässt er sich problemlos vom selben Mann an die Leine nehmen und führen.

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Herdenschutzhund: erst aggressiv, dann friedlich
Aus News-Clip vom 19.06.2018.
abspielen. Laufzeit 39 Sekunden.

Die Hunde in Ueli Pfisters Zucht lernen schon in ihren ersten Lebenswochen wichtige Lektionen. Sieben kleine Welpen toben auf dem Hof herum, immer in der Nähe der Schafe.

Positive Erfahrungen mit Menschen sind wichtig.
Autor: Ueli Pfister Züchter von Herdenschutzhunden

Diese müssen für die Hunde von Anfang an zu vertrauten Partnern werden. Auch der Züchter als Bezugsperson hat eine wichtige Rolle. «Positive Erfahrungen mit Menschen sind wichtig. Sie müssen mir vertrauen, und ich darf sie nie enttäuschen», so Pfister. «Nur so erreichen wir, dass sie später nicht aus Angst falsch auf Menschen reagieren.»

Ueli Pfister sitzt inmitten seiner Hunde.
Legende: Ueli Pfister bildet Herdenschutzhunde aus. Schon die Welpen sollen dabei positive Erfahrungen mit Menschen sammeln. SRF

Auch setzt er die kleinen Abruzzeser immer wieder ungewohnten Situationen aus. Eine Wippe ist nicht nur ein Spielzeug, sie fördert auch das Selbstvertrauen der kleinen Hunde. Und ein Holzstapel ist nicht nur ein Ort wo sie Zuflucht und Ruhe finden. Zwischen den dunklen Baumstämmen lernt ein Welpe auch, Ängste zu überwinden – alles Erfahrungen, die für sein späteres Leben als Herdenschutzhund wichtig sind und ihn lehren, in verschiedenen Situationen angemessen zu reagieren.

Auch wenn ein Hund optimal vorbereitet ist und seine Prüfung bestanden hat: Eine hundertprozentige Sicherheit, dass ein Hund alles richtig mache, gebe es nicht, sagt Ueli Pfister: «Bei einer Begegnung mit Passanten sind immer zwei Parteien beteiligt, der Hund und der Mensch. Da kann es auch zu einem Missverständnis kommen – gerade wenn sich ein Mensch falsch verhält – und dazu, dass der Hund einmal zuschnappt.»

Verhaltenstipps für Wanderer und Biker

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Rund 15 mal pro Jahr kommt es laut Bundesamt für Umwelt im Durchschnitt zu einem Zwischenfall zwischen Menschen und Herdenschutzhunden. Laut Bafu geht es um leichtere Bisse und Schnapper, schwere Verletzungen gab es bisher nicht. Dass die Begegnung zwischen Mensch und Hund friedlich bleibt, hängt auch entscheidend vom richtigen Verhalten der Menschen ab.

Das Bafu gibt folgende Verhaltenstipps:

  • Sich online vor einer Wanderung informieren, wo Herdenschutzhunde im Einsatz sind.
  • Markierungstafeln mit Verhaltenstipps beachten.
  • Tempo verlangsamen, vom Bike absteigen.
  • Ruhig stehen und den Hunden Zeit lassen, die Situation einzuschätzen.
  • Distanz zur Herde halten.
  • Hunde nicht provozieren und nicht überraschen.
  • Hund wenn nötig mit ruhig nach unten gerichtetem Stock auf Abstand halten.
  • Sobald der Hund die Anwesenheit akzeptiert und nicht mehr bellt, den Weg langsam fortsetzen.
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